Hinweise und Tipps rund um die Ehescheidung

Getrennt leben: Was Sie bei einer Trennung unbedingt wissen müssen!

Eine Trennung im rechtlichen Sinne liegt vor, wenn zwei wesentliche Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind: ein objektives und ein subjektives Kriterium. Dies ergibt sich aus § 1567 BGB, der bestimmt, dass die Ehegatten getrennt leben, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und ein Ehegatte sie erkennbar auch nicht wieder herstellen will.

Objektives Kriterium: Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft

Das objektive Kriterium ist erfüllt, wenn zwischen den Ehepartnern keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht. Wie das OLG Hamm in seinem Beschluss vom 14.01.2025 (7 UF 89/24) klarstellte, bedeutet dies konkret:

  • Getrennte Schlafzimmer: Die Ehepartner schlafen in unterschiedlichen Betten

  • Separate Haushaltsführung: Kein gemeinsames Kochen, Waschen oder Haushalten für den anderen Partner

  • Wirtschaftliche Entflechtung: Getrennte Konten und keine gemeinsame Haushaltskasse

  • Keine gemeinsamen Mahlzeiten: Das Essen wird getrennt eingenommen

Subjektives Kriterium: Erkennbarer Trennungswille

Das subjektive Kriterium erfordert, dass mindestens ein Ehegatte die häusliche Gemeinschaft erkennbar nicht wiederherstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Der Trennungswille muss nach außen hin deutlich werden und darf nicht nur innerlich vorhanden sein.

Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung

Eine Trennung ist auch innerhalb der gemeinsamen Wohnung möglich. § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB stellt ausdrücklich klar: "Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben."

Der BGH hatte bereits 1978 entschieden, dass das Erfordernis einer "vollkommenen tatsächlichen Trennung" bei einem Wohnen in derselben Wohnung nicht wortwörtlich genommen werden kann, da zumindest die gemeinsame Benutzung einzelner Räume wie Flur, Küche, Toilette oder Bad nicht auszuschließen ist.

Zulässige Restgemeinsamkeiten

Die Rechtsprechung akzeptiert heute ein gewisses Restmaß an Gemeinsamkeiten. Wie Gerd Weinreich in seinem Artikel "Die Bedeutung des Kleiderschranks für das Familienrecht" (FuR 6/2025) ausführt, sind folgende Punkte einer Trennung nicht entgegenstehend:

  • Gelegentliche gemeinsame Nutzung von Bad oder Küche, wenn nur eines vorhanden ist

  • Vereinzelte gemeinsame Mahlzeiten ohne persönliche Beziehung

  • Geringfügige Versorgungsleistungen ohne besondere Intensität

  • Gemeinsame Nutzung von Flur oder anderen notwendigen Durchgangsbereichen

Das OLG München hatte bereits entschieden, dass gelegentliches Bierholen und gemeinsames Fernsehen sowie das "aufgedrängte" Wäschewaschen und Bügeln der Annahme der Trennung nicht entgegenstehen (FamRZ 1998, 826).

Grenzen der Restgemeinsamkeiten - Die Kleiderschrank-Entscheidung

Das OLG Hamm ging in seinem Beschluss vom 14.01.2025 (7 UF 89/24) jedoch zu weit, als es eine Trennung verneinte, weil beide Ehegatten das Elternbadezimmer und einen im Schlafzimmer befindlichen Kleiderschrank gemeinsam nutzten.

Weinreich kritisiert diese Entscheidung zu Recht als überzogen: "Die gemeinsame Nutzung eines Kleiderschrankes, zu dem man auch nur zu getrennten Zeiten Zugang hat, zum Anlass zu nehmen, um die vollständige Trennung zu verneinen erscheint indes überzogen." Die Aufbewahrung von Kleidung sei eine rein praktische Erwägung und lasse "in keinem Fall auf das Vorhandensein innerer Bindungen schließen."

Maßgeblicher Zeitpunkt und Zweck der Regelung

Die Trennung ist vollzogen, sobald beide Kriterien - objektive Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft und subjektiver Trennungswille - gleichzeitig vorliegen. Ab diesem Moment beginnt das für die spätere Scheidung erforderliche Trennungsjahr zu laufen.

Der Sinn und Zweck dieser Regelung liegt darin, die Ehegatten vor vorschnell gefassten Scheidungsentschlüssen zu schützen. Im Stadium der frühen Trennung soll ein vorschneller Scheidungsantrag verhindert werden, um die Aussicht auf eine Versöhnung nicht durch die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens vorschnell abzuschneiden.

Fazit: Keine übertriebene Förmlichkeit

Wie Weinreich zutreffend feststellt, kann es nicht Sinn und Zweck des § 1565 BGB sein, "in-house" Trennungen nahezu unmöglich zu machen und die Eheleute dazu zu bewegen, sich gegenseitig kritisch zu beäugen. Eine übertriebene Förmlichkeit ist weder vom Gesetzgeber gewollt noch dient sie dem Schutz der Eheleute.

Die Rechtsprechung sollte sich auf den eigentlichen Sinn der Vorschrift besinnen: zu hinterfragen, in welchem Zustand sich die Ehe befindet. Dies entscheidet sich nicht über die Nutzung eines Kleiderschrankes oder andere rein praktische Erwägungen, sondern über das Vorhandensein oder Fehlen der ehelichen Gesinnung.