Hinweise und Tipps rund um die Ehescheidung

Karrieresprung und Unterhalt - Einkommenssteigerung zwischen Trennung und Scheidung

Maßgeblich ist bei Einkommensentwicklungen nach Rechtskraft der Ehescheidung, ob sie zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren und diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits mitgeprägt hat.

 

 

 

 

 

Karrieresprung und Unterhalt - Einkommenssteigerung

 

Für die Bedarfsbemessung des Unterhaltsanspruchs der Ehegatten sind beim Einkommen des Unterhaltspflichtigen grundsätzlich alle veränderten und unveränderten Einkünfte heranzuziehen, die ihm auch nach der Trennung zufließen. An den die ehelichen Lebensverhältnisse der Beteiligten bestimmenden fortbestehenden wirtschaftlichen Faktoren müssen sich grundsätzlich beide Eheleute auch im weiteren Verlauf der Trennungszeit festhalten lassen, denn bei Weiterführung der Ehe hätte der andere Ehegatte wirtschaftliche Änderungen ebenfalls mittragen müssen. Der Streit der Beteiligten rankt sich im Wesentlichen darum, inwieweit die seit der Trennung unstreitig gestiegenen Einkünfte des Ehemannes tatsächlich noch für die Ermittlung  des Bedarfes der Ehefrau heranzuziehen sind oder ob diese insbesondere unter Beachtung eines sogenannten Karrieresprung außen vor zu bleiben haben. Ein solcher Karrieresprung ist aber anhand des Verlaufes der beruflichen und Einkommensentwicklung des Ehemannes zu bejahen. Abzustellen ist für die ehelichen Lebensverhältnisse auf die Summe der nachhaltig prägenden finanziellen Mittel, die den Eheleuten zur Verfügung gestanden haben, also das Einkommen, das nachhaltig erreicht worden ist. Bis zur Trennung zum Jahreswechsel 2014 auf 2015 und danach war der Ehemann bei seinem Arbeitgeber als Segmentleiter Einzelteilfertigung beschäftigt bei einem Bruttoeinkommen von rd. 7.900 € zzgl. Einiger Sondervergünstigungen. Im April 2015 erfolgte ein Wechsel innerhalb des Unternehmens. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bedarfsbemessung im Rahmen des Trennungsunterhalts sind die jeweils aktuell waltenden Verhältnisse. Die ehelichen Lebensverhältnisse i.S.v. § 1578n Abs. 1 Satz BGB – und damit auch der Maßstab des Trennungsunterhaltes aus § 1361 BGB – werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt werden, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eintreten. Nacheheliche Einkommensverbesserungen werden aber nur dann bedarfssteigernd erfasst, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und diese Erwartung bereits auch die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hatte. Etwas anders gilt also dann, wenn die neuen Umstände auf Veränderungen nach der Trennung beruhen, die auf einer unerwarteten und vom Normalfall erheblich abweichenden Entwicklung beruhen. Bei einem sog. Karrieresprung ist das erhöhte Einkommen nicht mehr eheprägend, weil bei Einkommenssteigerungen aufgrund Karrieresprungs der Ehegatte nicht bessergestellt werden soll, als er während der Zeit des intakten Zusammenlebens stand und aufgrund einer schon absehbaren Entwicklung ohne die Trennung stehen würde. Maßgeblich ist bei Einkommensentwicklungen nach Rechtskraft der Ehescheidung, ob sie zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren und diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits mitgeprägt hat.Diese zum nachehelichen Unterhalt entwickelten Grundsätze wendet der BGH bereits für die Dauer des Getrenntlebens an. Auch beim Trennungsunterhalt ist eine Einkommensentwicklung nur beachtlich, wenn diese aus der Sicht zum Zeitpunkt der Trennung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und diese Erwartung bereits auch die ehelichen Lebensverhältnisse bis zur Trennung geprägt hatte. Ein Karrieresprung ist also anzunehmen, wenn nach der Trennung bis zur Rechtskraft der Ehescheidung das Einkommen eines oder beider Ehegatten bis zur Scheidung eine unerwartete, vom Normalverlauf erheblich abweichende Entwicklung genommen hat, die somit für die Bestimmung des Trennungsunterhaltes nach § 1361 BGB außer Betracht bleiben muss. Der Darlegungs- und Beweislast für ein erhöhtes Einkommen i.S.e. Karrieresprungs trägt zunächst der Ehemann als Unterhaltspflichtiger. Steht aber – wie hier – das Vorliegen eines deutlich und ungewöhnlich erhöhten  Einkommens fest, so trägt der Unterhaltsgläubiger (hier die Ehefrau) die weitere Darlegungs-/Beweislast, insbesondere dafür, dass die neuen Verhältnisse trotzdem noch Ausdruck der früheren ehelichen Lebensverhältnisse sind, also in welcher Weise die Änderungen bereits künftig erwartet waren und die wirtschaftlichen Verhältnisse während der Ehe bereits mitgeprägt haben.

Der weitere Verlauf der Tätigkeiten des Ehemannes sieht stichpunktartig wie folgt aus:

- ab Mai 2015; Aufstieg innerhalb der GmbH als Hauptabteilungsleiter,

- ab Oktober 2015; Aufstieg innerhalb der GmbH als Direktor Produktionsplanung,

- ab November 2016; Aufstieg innerhalb der GmbH als Direktor Fendt Strategie.

 

Dabei ist zunächst nur deutlich zu erkennen, dass er den Aufgabenbereich, den er bei Trennung ausgeübt hatte, verlassen und in andere – deutlich verantwortungsvollere – Tätigkeiten gewechselt ist. Solche Leistungsbeförderungen stellen aber üblicherweise einen Karrieresprung dar, so auch der Wechsel vom Abteilungsleiter zum Hauptabteilungsleiter. Zugleich hat eine deutliche Veränderung der Einkommensstruktur stattgefunden: Das Bruttoeinkommen selbst hat sich zunächst nicht gravierend verändert, wohl aber die Sonderzahlungen (Bonuszahlungen und Halteprämien).

Bereits diese Umstände (neue Aufgabenbereiche, verantwortungsvollere Tätigkeiten, veränderte Einkommensstruktur) sprechen indiziell deutlich für einen ungewöhnlichen, vom Normalverlauf abweidenden Einkommensverlauf. Hinzu tritt der Umstand, dass sich der Ehemann auf seine ab Mai 2015 wahrgenommene Tätigkeit erst nach der Trennung beworben und zuvor auch ein Umzug nach de Hauptort seiner Arbeitsstätte stattgefunden hat. Auch war die Hauptabteilungsleitertätigkeit ab Mai 2015 bei der Trennung als solche innerhalb des Betriebes noch gar nicht vorhanden, es sich vielmehr um eine erst danach neu geschaffene Anstellung handelte. Seine Tätigkeit ist mittlerweile eng mit dem Vorstand verknüpft, ein Umstand, der zuvor nicht – jedenfalls nicht bei der Trennung – vorhanden gewesen ist. Gerade ein solches Aufrücken in die (Nähe der) Geschäftsleitung stellt aber einen typischen Fall des Karrieresprungs dar. All dies lässt allein den Schluss darauf zu, dass tatsächlich nach der Trennung ein ungewöhnlicher Einkommensverlauf, verbunden mit einer jedenfalls teilweise neuen Orientierung der beruflichen Tätigkeiten des Ehemannes – wenngleich innerhalb desselben Betriebs – stattgefunden hat.Soweit die Ehefrau dem dahingehend entgegentritt, dass Wechsel innerhalb des Betriebes bereits während des ehelichen Zusammenlebens angedacht waren und insoweit auch ein Wechsel des Wohnortes stattfinden sollte, genügt dies nicht, um diesen ungewöhnlichen Verlauf nach der Trennung als noch dem üblichen Verlauf zuzurechnen. Dafür wäre erforderlich, dass die Beteiligten sich tatsächlich darüber klar waren, dass der Antragsgegner innerhalb des Betriebes binnen rund anderthalb Jahren mehrfach neue Tätigkeiten mit neuen Bezügen aufnehmen würde, die auch deutlich in der Struktur von den vorherigen Bezügen des Ehemannes abweichen würden.

Insoweit handelt es sich vielmehr um echte Neuorientierungen, die zwar möglicherweise bereits in der Ehe angedacht, aber noch nicht entscheidend in die Wege geleitet worden sind. Nach dem Zeitpunkt der Trennung eingetretene berufliche Beförderungen des Unterhaltspflichtigen können aber nur dann zugunsten der Unterhaltsberechtigten berücksichtigt werden, wenn die Einkommensverbesserungen zur Zeit der Scheidung bereits derart wahrscheinlich waren, dass die Ehegatten ihren Lebenszuschnitt vernünftigerweise bereits darauf einstellen konnten und dies auch tatsächlich getan haben.