Für Ehesachen und andere Familiensachen ist ausschließlich das Familiengericht zuständig. Dieses wird als eine besondere Abteilung beim Amtsgericht gebildet. Es ist mit einer Familienrichterin oder einem Familienrichter besetzt.
Das Familiengericht ist im Einzelnen sachlich zuständig für:
• Ehesachen (Ehesachen sind Verfahren auf: Scheidung, Aufhebung einer Ehe, Nichtigerklärung einer Ehe, Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eine Ehe, Herstellung des ehelichen Lebens sowie Klage auf Feststellung des Rechts zum Getrenntleben),
• Verfahren über dieRegelung der elterlichen Sorge für ein Kind,
• Verfahren über die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
• Verfahren über die Herausgabe eines Kindes an den anderen Elternteil,
• Streitigkeiten, die eine durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen,
• Verfahren über die Anfechtung oder Feststellung der Vaterschaft,
• Verfahren über Unterhalt und Kosten aus Anlass der Geburt eines Kindes,
• Verfahren über den Versorgungsausgleich,
• Verfahren über die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat,
• Streitigkeiten über Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, insbesondere über den Zugewinnaus-
gleich,
• Verfahren, durch welche die Forderung auf Zugewinn gestundet wird oder den Ausgleichsberechtigten
bestimmte Vermögensgegenstände übertragen werden können,
• Verfahren über gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen und zur Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung nach dem Gewaltschutzgesetz, wenn die Beteiligten einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen oder innerhalb von 6 Monaten vor Antragstellung geführt haben *
Örtlich zuständig für Ehesachen sind die Familiengerichte in folgender Reihenfolge (§ 606 der Zivilprozessordnung (ZPO)):
• Gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Eheleute
• Gewöhnlicher Aufenthalt des Ehegatten, bei dem die minderjährigen Kinder sind
• Gewöhnlicher Aufenthalt des Ehegatten, der am letzten gemeinsamen Aufenthaltsort lebt.
Für Anträge betreffend andere Familiensachen, über die gesondert, d.h. nicht im Verbund, entschieden werden soll, sind folgende Gerichte örtlich zuständig:
• Unterhaltsklagen: Wohnsitz des Kindes (§ 642 ZPO) – bis 30. Juni 1998 Wohnsitz des Beklagten
• Sorgerechtssachen: Wohnsitz des Kindes (§§ 64,36 ff. des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG))
• Hausrat: Gemeinsame Wohnung der Ehegatten (§ 11 Hausratsverordnung)
• Gewaltschutzsachen: Wohnsitz des Beklagten, Ort an dem eine unerlaubte Handlung begangen wurde oder Ort der gemeinsamen Wohnung.
Vertretung durch einen Rechtsanwalt
Wer eine Ehesache betreiben will, also auch wer geschieden werden will, muss sich durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Auch der andere Ehegatte braucht eine anwaltliche Vertretung, wenn er Anträge stellen will.
Soweit es um die Wahrung der Interessen eines minderjährigen Kindes im Verfahren über die Regelung der elterlichen Sorge geht, kann das Gericht einen Verfahrenspfleger für das Kind bestellen – „Anwalt des Kindes“ – (§ 50 FGG); Informationen darüber finden Sie in der Broschüre „Das neue Kindschaftsrecht“. In den übrigen Familiensachen, die nicht im Zusammenhang mit einer Ehesache betrieben werden, brauchen die Parteien vor dem Familiengericht sich nur dann durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, wenn der Streit über Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht geführt wird.
Prozesskostenhilfe
Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag durch das Familiengericht Prozesskostenhilfe für ein Verfahren bewilligt. Nähere Informationen hierzu entnehmen Sie bitte der Broschüre „Guter Rat ist nicht teuer“.
Einstweilige Anordnung
Besteht ein Bedürfnis nach einer vorläufigen Regelung der rechtlichen Beziehungen der Ehegatten bis zur Entscheidung über die Ehesache, kann das Familiengericht auf Antrag einer Partei hierzu einstweilige Anordnungen treffen, sobald eine Ehesache eingereicht ist oder ein Prozesskostenhilfegesuch dafür vorliegt. In anderen Familiensachen, in denen eilig eine vorläufige Regelung getroffen werden muss, können ebenfalls einstweilige Anordnungen erlassen werden, wenn es um die elterliche Sorge für ein Kind, um den Umgang mit einem Kind, um die Herausgabe eines Kindes, um die Ehewohnung oder den Hausrat oder um Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz geht.
Anhörung der Ehepartner und Kinder
Das Familiengericht soll die Ehepartner anlässlich der Scheidung anhören. Hierzu kann es das persönliche Erscheinen der Ehegatten anordnen. Haben die Ehepartner gemeinsame Kinder, so hört das Gericht sie im Scheidungsverfahren auch zur elterlichen Sorge an und weist auf bestehende Möglichkeiten der Beratung durch Beratungsstellen und die Jungendhilfe hin. In allen Verfahren, in denen die Personensorge für ein Kind betroffen ist, muss das Familiengericht vor seiner Entscheidung in aller Regel das Kind persönlich anhören.
Besonderheiten bei Scheidungsverfahren
Verfahrensverbund
Das Familiengericht verhandelt über den Scheidungsantrag und die rechtzeitig anhängig gemachten Scheidungsfolgesachen zusammen und entscheidet hierüber auch grundsätzlich zur gleichen Zeit. Die Scheidung soll also im Regelfall erst ausgesprochen werden, wenn Klarheit über alle Folgesachen besteht.
Der Scheidungsverbund zielt darauf ab, dass für die Beteiligten nach der Scheidung in der Regel nichts mehr offen und ungewiss ist. Der Scheidungsverbund hat den Vorteil, dass die Beteiligten über alle Konsequenzen bei der Scheidung, insbesondere die wirtschaftlichen Folgen, im Bilde sind. Darin liegt nicht zuletzt ein Schutz des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten, dessen Rechte gesichert werden, bevor die Scheidung ausgesprochen wird. Dadurch, dass alle Verfahren bei einem Richter zusammengefasst und zeitlich konzentriert werden, erhält das Familiengericht auch einen vertieften Einblick in die Situation der Ehe und Familie und kann helfen, sachgerechte und aufeinander abgestimmte Entscheidungen herbeizuführen.
Folgende Scheidungsfolgen werden im Zusammenhang mit dem Scheidungsantrag verhandelt und entschieden:
Ohne Antrag einer Partei entscheidet das Familiengericht/der Familienrichter über
• den Versorgungsausgleich.
Auf Anregung einer Partei soll der Familienrichter entscheiden über
• die Regelung des Umgangs der Eltern mit dem Kind.
Nur auf Antrag einer Partei entscheidet der Familienrichter über
• die Regelung der elterlichen Sorge für ein Kind,
• die Herausgabe eines Kindes an den anderen Elternteil
• die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind,
• die durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht,
• die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat,
• Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht.
(Neben dem Verfahrensverbund oder einer von der Ehesache losgelösten eigenständigen Klage gibt es für die Geltendmachung von Unterhalt minderjähriger Kinder auch die Möglichkeit des Vereinfachten Verfahrens. Es ist ein formularmäßig betriebenes Verfahren. Antragsvordrucke sind beim Jugendamt oder Amtsgericht erhältlich. Wegen Rat und Unterstützung können Sie sich diesbezüglich an das örtliche Jugendamt wenden).
Abtrennung von Folgesachen
Das Familiengericht kann dem Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache nur ausnahmsweise stattgeben, so u.a. wenn die gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache den Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde.
Kosten
Die Gerichtskosten der Scheidungssache und der Folgesachen tragen beide Ehegatten zur Hälfte, daneben trägt jeder Ehegatte seine Anwaltskosten. In besonderen Fällen kann das Gericht eine andere Regelung treffen.