Scheidungsrecht Rechtsprechung: Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Ehevertrag, Düsseldorfer Tabelle

Wissenswertes zu Ehevertrag bei Trennung und Scheidung

Entscheidet sich jemand dazu, eine Ehe ohne einen Ehevertrag zu führen, wird eine solche Ehe und eine mögliche Scheidung mehr oder weniger umfassend von Gesetz und Rechtsprechung geregelt. Diese vorgegebenen gesetzlichen Regelungen können jedoch, soweit der Wunsch oder eine Notwendigkeit hierfür besteht, in einem Ehevertrag umgestaltet, ausgeschlossen, erweitert oder verkürzt werden. Ein Ehevertrag wird meistens in der Zeit vor der Hochzeit abgeschlossen und grundsätzlich für den schlechten Fall einer möglichen Scheidung. Und gerade dieser vorsorgende Charakter sollte nicht vernachlässigt werden, denn schließlich können in dieser ruhigen Zeit bereits alle Eventualitäten abgeklärt werden, um im Fall des Falles unnötigen Ärger zu vermeiden. In dieser Zeit sind auch eher Kompromisslösungen oder gegenseitig zufriedenstellende Vereinbarungen möglich. Aber auch während der Ehe kann noch ein Ehevertrag angefertigt oder ein bestehender abgeändert werden, wenn die ehemals bestandenen Verhältnisse, sei es finanzieller oder privater Art sich nachträglich erheblich verändert haben.  Ein Ehevertrag kann dabei viele Belange regeln, wie die ehebezogenen familienrechtlichen Angelegenheiten von Verlobten und auch Ehegatten. Beliebte Themen sind das Güterrecht (=Vermögensbeziehungen der Ehegatten), Unterhalt und der Versorgungsausgleich (=Ausgleich der verschieden hohen Rentenansprüche für die Altersrente, die die Ehepartner während der Ehe erworben haben). Der Ehevertrag ist insgesamt eine Vereinbarung, bei der man grundsätzlich davon ausgeht, dass der Fall der Scheidung nicht eintreten wird.

Welche Vertragstypen für Eheverträge sind gängig und wann empfiehlt sich ein Ehevertrag:

Auch wenn sich gelegentlich die Verhältnisse während der Ehe ändern können und die vor der Ehe erwarteten Rollenverteilungen der Ehepartner zunächst klar scheinen, später jedoch verworfen werden können, gibt es allgemein die nachfolgenden Typen, die in einem Ehevertrag eine Ausgestaltung finden können:

Hausfrauenehe oder Einverdienerehe mit Kindern: Es scheint den Eheleuten von vornherein klar, dass einer (meist die Ehefrau) aufgrund der späteren Kindererziehung den Haushalt führt und der andere Ehegatte einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Der den Haushalt führende Ehegatte erleidet dadurch natürlich Nachteile, denn er sorgt nicht für seinen Altersunterhalt, seine Vermögenssituation, seinen finanziellen Unterhalt und seine berufliche Situation allgemein vor und ist auf den anderen Ehegatten angewiesen. Für den Ausgleich solcher Nachteile können im Ehevertrag Regelungen gefunden werden. Werden in einem solchen Fall jedoch einseitige Verzichte zu Lasten des finanziell benachteiligten Ehegatten vereinbart, sind diese streng zu überprüfen und können unwirksam sein.

(Kinderlose) Doppelverdienerehe oder Partnerschaftsehe berufstätiger kinderloser Ehegatten: Sind solche Rollenverteilungen vor der Eheschließung oder später klar geregelt und besteht kein Kinderwunsch, sind die Parteien in der Wahl ihrer Vereinbarungen nahezu frei, da hier für keinen Partner Nachteile aus möglichen Verzichten auf beispielsweise späteren finanziellen Ausgleich entstehen.

Wiederverheiratung im vorgerückten Alter: Wird in einem solchen Fall die Ehe in einem vorgerückten Alter geschlossen, in welchem meist die finanziellen Verhältnisse jeweils vom anderen unabhängig sind, sind die Parteien grundsätzlich frei in den einzelnen Vereinbarungen.

Unternehmerehe: Liegt es im Interesse eines Ehegatten ein bereits bestehendes Unternehmen beispielsweise vor dem finanziellen Ausgleich auszuschließen, kann hierzu eine wirksame Vereinbarung gefunden werden.

Daneben gibt es noch weitere Beispieltypen, die selbsterklärend sind: Ehevertrag bei zu erwartender Erbschaft, Zweitehe, Ausländerehe und Freiberuflerehe.

 

Welche Formerfordernisse sind zu beachten:

Ein Ehevertrag muss zwingend von einem Notar beurkundet werden. Sinn dieser Verpflichtung ist es

·         beide Partner vor einer Übereilung zu schützen

·         Beweise zu sichern im Hinblick darauf, dass zwischen dem Abschluss des Vertrages und der späteren möglichen Berufung darauf, Jahrzehnte vergehen können

·         Gewährleistung der inhaltlichen Verständlichkeit und Klarheit

·         Gewährleistung der rechtlichen Gültigkeit. 

Vor dem Notar müssen die Partner zur Unterzeichnung nicht persönlich erscheinen, sondern können sich durch eine Vollmacht, die nicht schriftlich sein muss, vertreten lassen (allerdings wäre eine schriftliche Vollmacht wegen Missbrauchs stets empfehlenswert).

 

Was kann konkret im Ehevertrag geregelt werden:

Grundsätzlich herrscht eine Freiheit hinsichtlich der zu regelnden Aspekte. Grenzen sind jedoch da gesetzt, wo der Vertrag eine Dominanz eines Ehepartners aufzeigt und auf ungleichen Verhandlungspositionen beruht. Hinsichtlich der zu regelnden Rechte und Pflichten gibt es keinen Mindestgehalt an positiven Scheidungsfolgen zugunsten eines Ehegatten. Maßgeblich sind bei einem Ehevertragsentwurf immer eine Gesamtsituation und die Beurteilung der Umstände, also die Bedeutung der einzelnen Vereinbarungen für die Ehepartner und die Beweggründe für die einzelnen Vereinbarungen.

 

Die nachfolgende Aufzählung der möglichen Vereinbarungen im Ehevertrag soll als Beispiel zur Veranschaulichung dienen, denn es gibt unzählige weitere Möglichkeiten:

·         Verknüpfung zwischen Ehedauer und eventuellem Ausschluss des Zugewinnausgleichs: Beispiel: kein Zugewinnausgleich, wenn die vereinbarte Ehedauer nicht erreicht wurde;

·         Zugewinnausgleich nur bei Geburt eines Kindes, bei Kinderlosigkeit hingegen Gütertrennung;

·         Güterrecht: Ausschluss des Zugewinnausgleichs möglich: aber siehe Ausführungen zum Versorgungsausgleich;

·         Konkrete Zuordnung von Eigentum;

·         Versorgungsausgleich: Totalverzicht möglich, aber in einigen Fällen nur durch Kompensation mit anderen Ausgleichszahlungen zulässig oder wenn die Altersvorsorge eines Ehegatten nur in Form einer Vermögensbildung wie Kapitallebensversicherung geführt und beispielsweise nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wurde und auch noch der Zugewinn ausgeschlossen wurde;

·         Aufhebung der Verfügungsbeschränkungen: Beiden Ehegatten können frei über ihre Immobilien und Gesellschafterbeteiligungen Regelungen treffen und ihr Eigentum daran übertragen;  

·         Haushaltsgegenstände: Erstellung von Listen und Zuordnung zu den Ehegatten;

·         Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs: Es erfolgt beispielsweise eine Vereinbarung, wie die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und der Kinder bei der Haushaltsführung im Alltag umgesetzt werden etc.;

·         Ehewohnung: Es kann geregelt werden, wem diese im Falle der Scheidung gehören wird oder wer nach der Trennung dort vorerst wohnen bleiben kann;

·         Familienunterhalt: An dieser Stelle kann beispielsweise vereinbart werden, wer von den Ehegatten für den Unterhalt der Familie während der intakten Ehe zu sorgen hat und wie dies konkret umgesetzt wird;

·         Nachehelicher Unterhalt (= Unterhalt, welcher nach der Rechtskraft der Scheidung von einem Partner an den anderen gezahlt werden kann). Über die Verpflichtung zur Zahlung oder Nichtzahlung kann schon im Ehevertrag eine Klausel vereinbart werden;

·         Kindesunterhalt;

·         Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft: Vorstellung vom ehelichen Zusammenleben;

·         Mitarbeit im Betrieb eines Ehepartners;

·         Ehegatteninnengesellschaft;

·         Kinderbetreuung und Kindererziehung;

·         Wohnsitz;

·         Religiöse Fragen: Beispielsweise die Konfession der Kinder, Beschneidung etc.;

·         Steuerliche Gestaltungen;

·         Betreuungsvorsorge;

·         Rechtswahl für den Fall der Trennung oder Scheidung;

·         Lebensrisiken: Hier können beispielsweise Krankheiten eines Ehepartners, die bereits vor der Ehe bestehen, aus der wechselseitigen Verantwortung im Falle einer Scheidung ausgenommen werden;

·         Schulden: Wenn beispielsweise Darlehensverbindlichkeiten bestehen, kann vereinbart werden, wer diese Schulden zahlt und wie diese Verpflichtung mit der Auseinandersetzung des übrigen Vermögens verknüpft werden kann;

·         Trennungsunterhalt;

·         Vereinbarungen zum Sorge- und Umgangsrecht: An dieser Stelle kann vereinbart werden, dass nach der Scheidung keine Anträge auf Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Partner alleine oder Regelungen zum Umgang gestellt werden;

·         Erbrechtliche Regelungen;

·         Kosten bei Eintreten des Scheidungsfalles: Ein Ehegatte kann sich verpflichten, im Falle der Scheidung die vollständigen Kosten zu zahlen oder bei eingereichter Scheidung einen Ausgleichsbetrag an den anderen Ehegatten als Entschädigung zu zahlen.

·          

Welche Vereinbarungen im Ehevertrag sind hingegen sittenwidrig und damit ungültig:

 

·         Übermäßige Wohnsitzbeschränkung: Beispiel: ein zwischen den geschiedenen Ehegatten vereinbartes Wohnsitzverbot;

·         Kommerzialisierung der Scheidung: Beispiel: Scheidung nur bei Ausgleichszahlung an den die Scheidung einwilligenden Ehegatten;

·         Kommerzialisierung des Umgangsrechts oder der elterlichen Sorge: Beispiel: Zahlung an den Ehegatten, um Umgang mit den Kindern ausüben zu dürfen;

·         Völliger Verzicht auf den Familienunterhalt;

·         Verzicht auf Unterhalt für die Kinder für die Zeit nach der Trennung und Scheidung: Es ist nur ein gewisser Spielraum des Verzichts erlaubt, dh der gekürzte Unterhalt darf etwa 1/5 des den Kindern gesetzlich zustehenden Unterhaltes unterschreiten:  

·         Völliger Ausschluss der Scheidung;

·         Einseitige Verpflichtung, keinen Scheidungsantrag zu stellen, sei es auch befristet;

·         Verzicht auf den Trennungsunterhalt (= Unterhalt für die Zeit bis zur Scheidung) für die Zukunft, auch nicht teilweise: Es ist wiederum nur ein Unterschreiten des gesetzlichen Unterhalts bis zu 1/5 erlaubt;

·         Verzicht auf nachehelichen Unterhalt: Wenn ein solcher Verzicht nach der Scheidung offensichtlich zulasten der Sozialhilfe oder der Kinder führen würde;

·         Einseitige finanzielle Überbelastung des Ehegatten, der den Unterhalt zahlen muss: Beispielsweise wenn der den Unterhalt zu zahlende Ehegatte aufgrund seiner finanziellen Lage dazu nicht im Stande wäre.

 

Welche Vorkehrungen sollten Sie vor der Unterzeichnung treffen:

Lassen Sie sich den Vertragsentwurf vom Notar zusenden, bevor Sie diesen unterschreiben, denn Sie sollten diesen genauestens prüfen. Eine Zeit von 14 Tagen sollte dabei jedem Partner eingeräumt werden. Wenn die Gerichte später die Gültigkeit einzelner Vereinbarungen des Vertrages überprüfen, schauen sich diese auch an, wie lange jeder Ehegatte Zeit und Gelegenheit hatte, diesen Vertrag vor Unterzeichnung und Beurkundung durch den Notar zur prüfen. Bei Verträgen, die unmittelbar vor der Heirat oder unter dem Druck eines Scheidungstermins abgeschlossen werden, ist ganz besonderer Sorgfalt zu beachten. Dies gilt noch mehr bei Beteiligung schwangerer Frauen. Dem nicht deutschsprachigen Vertragspartner sollte eine schriftliche Übersetzung vorliegen. Ihr Notar sollte Sie im besten Fall darauf hinweisen, dass Ihnen und Ihrem Partner je eine unabhängige anwaltliche Beratung zusteht. Haben Sie Zweifel an den einzelnen Vereinbarungen oder bestehen Unklarheiten, zögern Sie nicht, hierzu einen Anwalt zu konsultieren. Sie können einen Anwalt auch schon mit der Erstellung einzelner Vereinbarungen oder dem Entwurf eines gesamten Ehevertrages beauftragen. 

Noch ein wichtiger Tipp: Lassen sich durch die beteiligten Anwälte oder den Notar im Ehevertrag die Motivation für den Abschluss der jeweiligen Vereinbarungen in den Vertrag dokumentieren, das heißt die konkreten Beweggründe, weshalb Sie einen Ehevertrag abschließen und weshalb die einzelnen Regelungen so wie sie sind, getroffen wurden. Sollte die Gültigkeit später durch das Gericht beurteilt werden müssen, weil ein Ehegatte sich auf die Ungültigkeit einer Vereinbarung oder möglicherweise des ganzen Ehevertrages beruft, wird das Gericht vor allem die subjektive Seite, also die Beweggründe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages beurteilen, also was den jeweiligen Partner dazu bewogen hat, die Vereinbarung zu treffen. Ein späterer Nachweis für diese Beweggründe ohne eine Niederschrift ist immer schwer zu führen.

 

Worauf ist zu achten, wenn Sie einen bestehenden Ehevertrag auf seine Gültigkeit hinsichtlich der einzelnen Vereinbarungen überprüfen wollen:

Es sollte eine Gesamtschau hinsichtlich aller getroffenen Vereinbarungen, der Gründe und Umstände, dass man sich für genau diese Vereinbarung entschieden hat, vorgenommen und begutachtet werden, inwiefern sich der bei Vertragsschluss geplante und tatsächlich verwirklichte Lebensplanung später auch umsetzen ließ.

Sittenwidrig (= gegen die guten Sitten verstoßend und damit unwirksam) kann eine Vereinbarung sein:

·         Wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages eine einseitige Last für einen Partner offensichtlich ist, wenn demnach beispielsweise eine Zwangslage ausgenutzt, ein Partner durch den Vertrag in eine soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom anderen Partner getrieben wurde oder ein Partner deutlich intellektuell dem anderen gegenüber war.

(Beispiel: Es wird ein vollständiger Verzicht auf den Unterhalt im Falle einer Scheidung vereinbart, wobei ein Ehegatte offensichtlich darauf nach der Scheidung angewiesen wäre.)

 

·         Einem Partner wird der Vertragsentwurf erst kurz vor der Unterzeichnung beim Notar übergeben.

 

·         Die Ehefrau ist bei Abschluss des Vertrages im neunten Monat schwanger gewesen.

 

Ein Totalverzicht, das heißt ein vollständiger Verzicht auf alle Rechte, die einem von Gesetzes wegen gewährt werden, sei es bezüglich der bestehenden Ehe oder einer Scheidung, ist nicht generell verboten, wenn nur die subjektive Seite nicht zu beanstanden ist. Dies gilt insbesondere in beiderseits sehr wohlhabenden Kreisen und in Zweitehen mit gesicherten Zukunftsaussichten. Wenn Sie feststellen, dass der Ehevertrag unwirksam sein könnte, lassen Sie diesen von einem Anwalt nochmals durchlesen und schildern Sie die damaligen Beweggründe für den Abschluss des Ehevertrages. Der Anwalt wird mit Ihnen zusammen versuchen, die Vereinbarungen an die jetzige Situation anzupassen. Dies wird leichter zu bewerkstelligen sein, wenn die Ehe noch intakt ist, so dass der andere Ehepartner eher gewillt sein wird, die Vereinbarungen anzupassen. Es ist jedoch immer geschickter, nicht erst auf eine gerichtliche Überprüfung der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Ehevertrages zu warten, da diese nicht nur eine erhebliche Zeit in Anspruch nimmt und die Entscheidung ungewiss ist, sondern die gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Ehevertrag verzögert auch das weitere Verfahren hinsichtlich einer Scheidung und der Scheidungsfolgen.