Scheidungsrecht Rechtsprechung: Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Ehevertrag, Düsseldorfer Tabelle

Volljährigenunterhalt - Unterhalt trotz verzögerter Schulausbildung

OLG Brandenburg: Anspruch auf Ausbildungsunterhalt selbst bei schuldhafter Verzögerung des Abschlusses der allgemeinen Schulausbildung
BGB §§ 1601 ff., 1610

Kommt das Kind auf Umwegen zum (Erst-)Abschluss der allgemeinen Schulausbildung, bleibt dies regelmäßig – selbst bei schuldhaftem Verhalten des Kindes – ohne Konsequenzen. Dies kann nach Ansicht des Oberlandesgerichts Brandenburg dann anders sein, wenn anschließend ein noch höherwertiger Abschluss der allgemeinen Schulausbildung angestrebt wird. Der Besuch eines Volksschulkurses zwecks Erlangung des Realschulabschlusses, obwohl bereits ein Hauptschulabschluss vorliegt, ist noch zur allgemeinen Schulausbildung zu zählen. Dies gilt auch dann, wenn die Schule in der Tages- oder Abendform als Erwachsenenschule besucht wird.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 04.07.2007 - 9 WF 159/07; BeckRS 2007, 16845

Sachverhalt
Die Antragstellerin begehrte die Zahlung von Ausbildungsunterhalt. Das AG hatte die Klage abgewiesen und Prozesskostenhilfe verweigert. Die dagegen gerichtete Beschwerde erwies sich als erfolglos.

Rechtliche Wertung
Nach Ansicht des OLG wird von der Antragstellerin durch ihre Teilnahme an der Abend- und Realschule ein höherer allgemeiner Abschluss der Schulausbildung angestrebt. Im Rahmen der allgemeinen Schulausbildung seien für das Kind regelmäßig nur geringe Anforderungen an die Erfüllung von Obliegenheiten zu stellen. Wenn das Kind auf Umwegen zum Abschluss der allgemeinen Schulsausbildung komme, bleibe dies angesichts der hohen Bedeutung des allgemeinen Schulabschlusses regelmäßig selbst bei schuldhaftem Verhalten des Kindes ohne Konsequenzen. Ausbildungsumwege spielten deshalb grundsätzlich beim Ausbildungsunterhaltsanspruch nur nach Abschluss der allgemeinen Schulausbildung eine Rolle, nicht dagegen, soweit das Kind auf Umwegen zum Abschluss der allgemeinen Schulausbildung komme. Etwas anderes gelte aber dann, wenn das Kind nach erfolgreichem Abschluss einer der allgemeinen Schulausbildung unterfallenden Schulform einen höherwertigen Abschluss anstrebe. Sofern das Kind also nach Abschluss der Hauptschule die Realschule besuchen bzw. nach Abschluss der Realschule die allgemeine Hochschulreife erreichen wolle, bestehe der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nur fort, soweit die Fortsetzung der allgemeinen Schulausbildung angesichts der gezeigten Leistungen angemessen erscheine.

Vorliegend sei der Besuch eines Volksschulkurses – obgleich schon ein Hauptschulabschluss vorliege – zwecks Erlangung des Realschulabschlusses noch zur allgemeinen Schulausbildung zu rechnen (BGH, Urteil vom 10.05.2001 - XII ZR 108/99, NJW 2001, 2633); dies gelte auch dann, wenn die Schule in der Tages- oder Abendform als Erwachsenenschule besucht werde (OLG Naumburg, Urteil vom 09.05.2006 - 3 UF 170/05, FamRZ 2007, 497). Die Antragstellerin habe aber in keiner Weise dargetan, dass die Fortsetzung der allgemeinen Schulausbildung angesichts ihrer bislang gezeigten Leistungen angemessenen erscheine. Unabhängig davon müsse auch berücksichtigt werden, dass sie vier Jahre lang die Weiterführung der allgemeinen Schulausbildung unterbrochen habe. Auf der Grundlage des Ausbildungsweges Haupt-/Realschule-Lehre-Fachober-/Hochschule sei zu verlangen, dass ein entsprechender Wille des Auszubildenden zur Weiterführung der – an sich abgeschlossenen – allgemeinen Schulausbildung bereits zu Beginn der Lehre nach Außen erkennbar geworden sei, insbesondere durch Absprache mit zumindest einem Elternteil. Auch dazu habe die Antragstellerin nichts vorgetragen. Im Übrigen erforderten derartige Fälle in der Regel auch einen engen zeitlichen Zusammenhang aller Ausbildungsabschnitte, so dass z. B. 1,5 Jahre Unterbrechung als zu lang angesehen würden.

Praxishinweis
Eltern schulden nach § 1610 II BGB die Übernahme «der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf», und zwar minderjährigen wie volljährigen Kindern gegenüber. Ziel ist die optimale begabungsbezogene Berufsausbildung. Einerseits soll die Ausbildung Begabung, Fähigkeiten, Leistungswillen und beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entsprechen; andererseits muss sich die Finanzierung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern orientieren. Von den Eltern ist nur eine Ausbildung zu bezahlen, nicht mehrere. Der gesetzlichen Verpflichtung der Eltern zur Finanzierung der angemessenen Berufsausbildung stehen auf Grund des Gegenseitigkeitsprinzips (s. MünchKomm/Born, BGB, § 1610 Rn. 220 ff.) Obliegenheiten des Kindes gegenüber. Die Entscheidung des OLG Brandenburg macht deutlich, dass regelmäßig von einer Differenzierung der Anforderungen an beide Seiten auszugehen ist: Die Kriterien sind für das Kind günstig, solange es um den Abschluss der allgemeinen Schulausbildung geht; hier müssen selbst Umwege finanziert werden, sogar solche, bei denen ein schuldhaftes Verhalten des Kindes festzustellen ist. Dies hängt mit dem hohen Stellenwert des allgemeinen Schulabschlusses zusammen. Dagegen werden die Kriterien günstiger für die Eltern, wenn es anschließend um einen höherwertigen Abschluss geht. Das OLG hatte sich hier mit einem weiteren Abschluss in der allgemeinen Schulausbildung zu befassen; die meisten Streitigkeiten treten erfahrungsgemäß in den Fällen des Studiums auf (ausführlich dazu MünchKomm/Born, BGB, § 1610 Rn. 236 ff.).

Unterhalt - Kindesunterhalt

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