Scheidungsrecht Rechtsprechung: Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Ehevertrag, Düsseldorfer Tabelle

Verwirkung von Unterhalt wegen falscher Angaben

Verwirkung / Versagung von Unterhalt wegen falscher Angaben

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um Trennungsunterhalt. Die Ehefrau hat in diesem, wie auch im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung, zunächst behauptet, über kein eigenes Einkommen zu verfügen. Nachdem der Ehemann dies unter Beweisantritt bestritten hat, hat sie eingeräumt, seit September 2016 monatlich 450 € zu verdienen.

Die Entscheidung des Gerichts 

Aufgrund der bewusst unwahren Angaben der Ehefrau ist ihr Trennungsunterhaltsanspruch verwirkt. Die Annahme einer Verwirkung ist jedenfalls für einen begrenzten Zeitraum angemessen. Ein Unterhaltsanspruch kann versagt, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht hat. Ein solches Fehlverhalten kann bei einem versuchten oder vollendeten Verfahrensbetrug zum Nachteil des Unterhaltsverpflichteten gegeben sein. Die Beteiligten sind bereits gem. § 138 Abs. 1 ZPO verpflichtet, sich vollständig und wahrheitsgemäß zu den tatsächlichen Umständen zu erklären. Hinzu kommt, dass das unterhaltsrechtliche Verhältnis zwischen den Eheleuten in besonderem Maße durch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) beherrscht ist. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsgläubigers sind danach ungefragt, richtig und vollständig mitzuteilen, da nur dann eine zutreffende Beurteilung der materiellen Rechtslage und eine darauf aufbauende richtige Berechnung des Unterhaltsanspruchs möglich ist (OLG Hamm NJW-RR 2004, 1229).

Die Ehefrau hat ihre Teilzeitbeschäftigung verschwiegen und ist im Rahmen ihrer Unterhaltsberechnung zu einem erheblich höheren Wert gekommen al sie es unter Berücksichtigung ihrer Einkünfte getan hätte. Sie hat also ihre Einkünfte nicht nur verschwiegen, sondern explizit angegeben, „über eigene Einkünfte verfügt sie nicht“. Dies geschah nicht etwa aus Nachlässigkeit. Denn auf den Hinweis des Gerichts, es sei nicht plausibel, wovon die zurzeit lebe, führte sie aus, vom Kindergeld, einer Zahlung ihres Ehemannes und von geliehenem Geld ihrer Geschwister und Mutter zu leben, die jedoch Rückzahlungen verlangten.

Bewusstes Verschweigen oder gar bewusstes Ableugnen von Einkünften mit dem Ziel der Erlangung unrechtmäßigen Unterhalts kann die Sanktion der Aberkennung jeglichen Unterhaltsanspruchs auslösen. Die Ehefrau hat darüber hinaus auch gleiche Angaben im Verfahren über eine einstweilige Verfügung gemacht, was angesichts der dort abzugebenden eidesstattlichen Versicherung besonders schwer wiegt.

Die Verwirkung trifft die Ehefrau auch nicht unangemessen hart, denn sie ist in der Lage, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Das Trennungsjahr ist bereits vorbei, so dass von ihr trotz der Betreuung des 6-jährigen Kindes eine Erwerbstätigkeit von 30 Wochenstunden erwartet werden kann. Einer solchen Teilzeittätigkeit steht die Erziehung des Kindes nicht entgegen. Bei Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns ist danach von einem Nettoverdienst von ca. 850 € auszugehen. Hinzu kommt das mietfreie Wohnen.

Die unrichtigen Angaben im gerichtlichen Unterhaltsverfahren geben nicht nur Anlass zur Anwendung des § 1579 BGB, sondern stellen auch eine Straftat dar. Der Versuch eines Prozessbetrugs beginnt mit dem Einreichen bewusst unwahren Parteivortrags bei Gericht; da Merkmal der Täuschung wird in diesem Fall bereits dadurch verwirklicht, dass der Richter hiervon bestimmungsgemäß Kenntnis nehmen soll (OLG Hamm FamRZ 2004, 1786).