Kindesunterhalt und Verwirkung
Ein Kind hat einen Anspruch auf Unterhalt. Diesen Anspruch muss es verlangen bzw. geltend machen, wobei dies zumeist durch das Elternteil getan wird, bei dem das Kind lebt. Wird der Kindesunterhalt für länger zurückliegende Zeiträume verlangt, kann derjenige, von dem der Unterhalt verlangt wird, prüfen, ob dieser Anspruch vielleicht verjährt oder verwirkt ist.
Verjährung ist an feste Zeiten geknüpft. Hiervon zu unterscheiden ist die Verwirkung, an die andere Voraussetzungen zu stellen sind und die schon vor der Verjährung eintreten kann. Dies wird nachfolgend erläutert.
Verlangt jemand Unterhalt, bedeutet das, dass er diesen für seinen allgemeinen Lebensbedarf braucht und nicht, um Vermögen hieraus anzuhäufen. Daraus folgt deshalb die Überlegung, dass man sofort auf diesen Unterhalt angewiesen ist, diesen auch geltend machen sollte und nicht aufsparen. Der Schuldner dieses Unterhaltes soll mit einer zeitnahen Forderung ihm gegenüber rechnen, denn auch dieser darf seine Lebensführung darauf ausrichten, wie viel Unterhalt er zu zahlen hat, vor allem vor dem Hintergrund, dass sich andernfalls hohe Beträge ansammeln, die er nicht auf einmal begleichen kann. Die Schuldenlast darf den Schuldner nicht erdrücken. Die Höhe des Unterhaltes richtet sich zudem nach der Leistungsfähigkeit und den Einkommensverhältnissen des Schuldners und diese sind für die Vergangenheit auch teilweise schwer aufzuklären je länger der Unterhalt nicht geltend gemacht wird. Gehen die Ansprüche auf einen Sozialhilfeträger über, ist auch dieser verpflichtet, die Unterhaltsforderung gegenüber dem Schuldner zeitnah durchzusetzen.
Für die Vergangenheit kann Unterhalt gefordert werden, wenn der Schuldner in Verzug gesetzt wurde. Das bedeutet: Entweder wird vom Schuldner ein konkret bezifferter Unterhalt gefordert oder die Auskunft zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen verlangt. Hierdurch kann die Verwirkung des Kindesunterhaltes unter anderem verhindert werden.
Wann ist also ein Anspruch verwirkt:
1. Der Unterhaltsanspruch wird über längere Zeit nicht geltend gemacht und es sammelt sich ein Unterhaltsrückstand an: Liegt er mehr als ein Jahr zurück, reicht dies aus, um eine Verwirkung anzunehmen.
2. Die Zeit alleine reicht jedoch nicht aus. Die zweite daneben notwendige Voraussetzung ist die, dass der Gläubiger gegenüber dem Schuldner den Eindruck erweckt, er werde den Anspruch nicht weiterverfolgen. So wird oftmals beispielsweise zuerst der Kindesunterhalt verlangt und sodann die weitere Durchsetzung aufgegeben, da man vielleicht von einer falschen rechtlichen Auffassung ausgeht.Kinder müssen sich dabei das Verhalten der gesetzlichen Vertreter zurechnen lassen, da diese den Unterhalt in deren Namen bis zur Volljährigkeit einfordern. Aus einem Titel, in dem der Unterhalt genau geregelt ist, wie beispielsweise in Gerichtsbeschlüssen, Vergleichen, Jugendamtsurkunden etc., kann jederzeit die Vollstreckung des Unterhaltsrückstandes betrieben werden, weswegen der Schuldner bis zu 30 Jahre lang damit rechnen muss, dass der Unterhaltsrückstand von ihm verlangt wird.
Hierzu gibt es jedoch verschiedene Ansichten der Oberlandesgerichte. Einige nehmen eine Verwirkung an, wenn ebenfalls für einen länger zurückliegenden Zeitraum keine Vollstreckung oder Forderung aus dem Titel stattfand und der Schuldner sich darauf einrichten konnte, für den zurückliegenden Zeitraum nicht mehr zu zahlen. Dies gilt wiederum nicht für die Zukunft.
Bis zum 21. Lebensjahr eines Kindes verjähren Ansprüche auf Kindesunterhalt nicht (=Hemmung der Verjährung). Allerdings können diese aufgrund der dargestellten Voraussetzungen bis zu dieser Zeit verwirken und werden von der Verjährungshemmung nicht umfasst.
Was sind nun die Folgen der Verwirkung:
Das Gericht hat es von sich aus zu prüfen, ob die Verwirkung eingetreten ist. Dennoch sollte derjenige, der Unterhalt grundsätzlich schuldet, entsprechende Tatsachen vortragen und beweisen, da das Gericht ohne diese Tatsachen eine mögliche Verwirkung auch nicht erkennen kann.Sind die Voraussetzungen für die Verwirkung bewiesen und vom Gericht anerkannt, ist zu beachten, dass der Anspruch einzeln für jeden Zeitraum zu beachten ist. Das bedeutet, dass jeder Zeitabschnitt für sich betrachtet wird und zukünftige Ansprüche davon nicht erfasst sind, denn Unterhalt für die Zukunft ist von der Verwirkung nicht betroffen. Wird beispielsweise der Unterhalt für die letzten zwei Jahre verlangt und innerhalb dieser zwei Jahre zeigt das Kind (oder das Elternteil, das den Unterhalt für diesen geltend macht) ein Verhalten innerhalb von sechs Monaten auf, das den Rückschluss auf eine Verwirkung zulässt, bedeutet dies nicht, dass auch die anderen Zeitabschnitte davon umfasst werden.