Scheidungsrecht Rechtsprechung: Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Ehevertrag, Düsseldorfer Tabelle

Überblick: Mehrbedarf und Sonderbedarf beim Unterhalt des minderjährigen Kindes

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Mehrbedarf und Sonderbedarf des Kindes

Die unterhaltsrechtliche Bedeutung von Mehrbedarf und Sonderbedarf des Kindes tritt in der Praxis stärker in den Vordergrund, seit der BGH in seiner jüngsten Rechtsprechung (NJW 2009, 1816) den allgemeinen Lebensbedarf für Kinder, der mit den Tabellenbeträgen der Düsseldorfer Tabelle abgegolten wird, näher definiert hat. Im Folgenden sollen einige Positionen des Mehr- und Sonderbedarfs aufgezeigt und deren Durchsetzung in der unterhaltsrechtlichen Praxis behandelt werden.

I. Mehrbedarf

Der nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle bemessene Unterhalt berücksichtigt lediglich den notwendigen allgemeinen Lebensbedarf. Hierzu zählen Aufwendungen für Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu Letzterem gehören in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Einbezogen ist auch der besondere, insbesondere der durch die Entwicklung und das Heranwachsen bedingte Bedarf von Kindern und Jugendlichen (vgl. dazu BGH, NJW 2009, 1816).

Es ist indes stets eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen. Je nach Höhe der gegebenenfalls als Mehrbedarf in Betracht kommenden Aufwendungen und der für das Kind maßgeblichen Bedarfssätze können diese nicht den zusätzlichen Aufwand angemessen erfassen.

1. Definition des Mehrbedarfs

Als Mehrbedarf ist der Teil des Lebensbedarfs anzusehen, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er mit den Regelsätzen der Bedarfsbemessung nicht zu erfassen, andererseits aber kalkulierbar ist und deshalb bei der Bemessung des laufenden Unterhalts berücksichtigt werden kann (Wendl/Klinkhammer, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 2 Rdnr. 133; Maurer, FamRZ 2006, 663 [667]).

2. Mehrbedarfspositionen

a) Mehrbedarf des minderjährigen Kindes. Zusätzlicher Lebensbedarf in Gestalt des Mehrbedarfs kann etwa im Krankheitsfall oder bei Heimunterbringung entstehen (OLG Düsseldorf, FamRZ 2001, 444: länger andauernde psychotherapeutische Behandlung).

Krankenversicherungskosten/Pflegeversicherungskosten stellen ebenfalls Mehrbedarf dar, soweit das Kind nicht bei einem Elternteil mitversichert ist (s. Anm. A 9 der Düsseldorfer Tabelle, Stand: 01.01.2010). Das Kind ist gehalten, eine mögliche Mitversicherung in Anspruch zu nehmen (dazu Wendl/Scholz, § 2 Rdnr. 8).

Mehrbedarf bilden ferner die Kosten des Kindergartenbesuchs, unabhängig davon, ob er halb- oder ganztags stattfindet. Er dient nämlich in erster Linie erzieherischen Zwecken. Die anfallenden Kosten sind in den Tabellen-Unterhaltsbeträgen nicht enthalten, unabhängig von deren Höhe und der sich im Einzelfall ergebenden Höhe des Unterhalts. Gleiches gilt für Aufwendungen der Betreuung eines Kindes in einer anderen kindgerechten Einrichtung (BGH, NJW 2009, 1816, unter Aufgabe seiner bisherigen Rspr., NJW 2007, 1969; NJW 2008, 2337; zum Kindergartenbeitrag als Mehrbedarf vgl. auch OLG Stuttgart, NJW 1998, 3129; OLG Celle, FamRZ 2003, 323; zur Behandlung von Kinderbetreuungskosten vgl. Reinken, FPR 2008, 90).

Diese Rechtsprechung wird auch für die sachlich begründeten Kosten des Besuchs eines Kinderhorts gelten müssen (dazu OLG Karlsruhe, NJW-RR 1999, 4; AG München, FamRZ 2001, 443).

Abgegolten mit dem Tabellenunterhalt sind hingegen die anfallenden Verpflegungskosten (BGH, NJW 2008, 1816; vgl. hierzu auch Viefhues, ZFE 2008, 284 [286]). Es ist deshalb konkret festzustellen, wie sich der jeweilige Beitrag zusammensetzt.

Ein laufend anfallender Mehrbedarf ist z.B. Schulgeld für eine Privatschule oder Nachhilfeunterricht. Mehrbedarf kann aber auch durch eine aufwendige Ausbildung oder aber auch durch schon länger gepflegten Reitsport entstehen.

b) Mehrbedarf des volljährigen Kindes. Studiengebühren stellen für das studierende Kind, dessen Unterhaltsbedarf pauschal mit – derzeit – 640 Euro (s. Düsseldorfer Tabelle, Stand: 01.01.2010, Anm. A 7) bemessen wird, Mehrbedarf dar (s. zu Ausbildungslasten als Mehr- und Sonderbedarf umfassend Heiß, FPR 2008, 356).

Aufwendungen für das auswärtige Wohnen können sich insoweit als Mehrbedarf qualifizieren lassen, als sie den in dem pauschalen Bedarfssatz enthaltenen Anteil übersteigen und in der angefallenen Höhe nicht zu vermeiden waren (OLG Brandenburg, BeckRS 2006, 10038).

Die Heimfahrten zu den Eltern bzw. zu einem Elternteil sind grundsätzlich aber von dem Bedarfssatz umfasst (OLG Brandenburg, BeckRS 2006, 10038).

3. Anerkennungsfähigkeit des Mehrbedarfs

Im Unterhaltsrecht besteht für den Unterhaltsberechtigten die allgemeine Obliegenheit, die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen so gering wie möglich zu gestalten und ihn nicht über Gebühr zu beanspruchen. Deshalb hat der Unterhaltsberechtigte im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um Mehrbedarf erst gar nicht entstehen zu lassen; jedenfalls hat er die Höhe eines eventuellen Mehrbedarfs in vertretbarem Rahmen zu halten.

Daraus folgt etwa für die – vielfach sehr unterschiedlichen – Kosten der Inanspruchnahme einer Betreuungseinrichtung (s. §§ 22 bis 24, 90 SGB VIII), dass Möglichkeiten eines teilweisen oder vollständigen Erlasses ausgeschöpft werden müssen. Empfänger von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt haben regelmäßig keine Kosten für die Betreuung eines Kindes in einem Kindergarten aufzubringen.

Mehrbedarf ist auch nur bei sachlicher Notwendigkeit bedarfserhöhend anzusetzen (OLG Düsseldorf, FamRZ 2001, 444: länger andauernde psychotherapeutische Behandlung).

Die durch den Besuch eines privaten Gymnasiums entstehenden Mehrkosten sind nicht als angemessene Bildungskosten zu Lasten des Unterhaltspflichtigen anzuerkennen, denn etwaige, allgemein bessere Förderungsmöglichkeiten an privaten Gymnasien sind insoweit nicht ausreichend, um Mehrbedarf zu begründen (OLG Naumburg, NJW 2009, 1285).

Mehrbedarf ist nur im Rahmen des Angemessenen auszugleichen. Deshalb wird Mehrbedarf nicht zuzusprechen sein, soweit der Mindestunterhalt eines anderen gleichrangigen Kindes tangiert wird.

4. Haftung der Eltern

Für den Mehrbedarf des minderjährigen Kindes haftet nicht allein der barunterhaltspflichtige Elternteil, vielmehr haben beide Eltern gem. § 1606 III 1 BGB anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen den Mehrbedarf sicherzustellen (BGH, NJW 2008, 1816; NJW 2008, 2337; OLG Celle, FamRZ 2003, 323; Scholz, FamRZ 2006, 737). Die Haftungsverteilung folgt den Grundsätzen für die Berechnung der Haftungsanteile des Volljährigenunterhalts (s. dazu Bamberger/Roth/Reinken, BGB, 2. Aufl., § 1606 Rdnr. 10). Vor der Anteilsbestimmung ist bei jedem Elternteil grundsätzlich jeweils ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts von 1100 Euro abzuziehen. Durch einen solchen Abzug werden bei erheblichen Unterschieden der vergleichbaren Einkünfte die sich daraus ergebenden ungleichen Belastungen zu Gunsten des weniger verdienenden Elternteils relativiert (vgl. BGH, NJW 2008, 227; Wendl/Klinkhammer, § 2 Rdnrn. 294 ff. m. w. Nachw.). Das schließt indes nicht aus, im Rahmen der gesteigerten Unterhaltsverpflichtung, bei engen wirtschaftlichen Verhältnissen sowie in Fällen, in denen ansonsten der Mehrbedarf nicht sichergestellt werden kann, auf den notwendigen Selbstbehalt abzustellen.

5. Durchsetzung des Mehrbedarfs

a) Mehrbedarf für rückwärtige Zeiträume. Als Teil des Unterhaltsbedarfs eines Kindes muss auch Mehrbedarf gesondert geltend gemacht und der in Anspruch Genommene mit der verlangten Unterhaltsleistung in Verzug gesetzt werden. Verzug wird aber nicht durch die bloße Aufforderung an den Unterhaltspflichtigen sich zu erklären, dass er künftig anfallende Therapiekosten übernehme, begründet (OLG Düsseldorf, FamRZ 2001, 444).

Ein Auskunftsverlangen nach § 1613 I BGB zum Zwecke der Ermittlung des Kindesunterhalts wird ohne ausdrückliche Benennung eines Mehrbedarfs einen solchen wohl nicht umfassen und deshalb keine verzugsbegründende Wirkung auslösen. Die Rechtslage beim Kindesunterhalt ist nicht vergleichbar mit derjenigen beim Ehegattenunterhalt. Dort gilt nach der Rechtsprechung des BGH, dass ein Auskunftsverlangen – nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags – auch Verzug hinsichtlich des ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags gegebenen Anspruchs auf Altersvorsorgeunterhalt begründet, da der Altersvorsorgeunterhalt ein Bestandteil des Gesamtunterhalts eines Ehegatten bildet (BGH, NJW 2007, 511). Der allgemeine Lebensunterhalt eines Kindes und nach Lage des Falles eintretender Mehrbedarf sind gesetzlich nicht entsprechend ausgestaltet.

b) Verfahrensrechtliches Vorgehen. Erstmals auftretender Mehrbedarf ist mit dem Leistungsantrag geltend zu machen. Es handelt sich um eine Familienstreitsache nach § 112 Nr. 1 FamFG mit den nach § 113 FamFG anwendbaren Vorschriften der ZPO. Mehrbedarf ist nach Höhe und Zeitpunkt/Zeitraum konkret zu beziffern (§ 113 FamFG, § 253 ZPO). Der Antrag ist nach Maßgabe der obigen Ausführungen dem Grunde und der Höhe nach zu begründen, die Haftungsanteile der Eltern sind zu berechnen, die Voraussetzungen der Geltendmachung für in der Vergangenheit liegende Zeiträume sind darzulegen. Insbesondere die anteilige Haftung der Eltern wird auch beim Minderjährigenunterhalt die Vorschaltung von Auskunftsansprüchen des Kindes gegenüber den Eltern erforderlich machen, wobei ein Auskunftsverlangen des unterhaltsberechtigten Kindes nach § 1613 I 1 BGB – neben den Verzugsfolgen – in der Praxis vielfach die erforderlichen Kenntnisse vermitteln dürfte. Eltern sind gegenseitig nach § 242 BGB auskunftspflichtig, um den Umfang ihrer jeweiligen Haftung bestimmen zu können (BGH, NJW 1998, 1906). Dies gilt auch, soweit eine Inanspruchnahme auf Zahlung von Mehrbedarf in Rede steht.

Ist Mehrbedarf in einem Unterhaltstitel zugesprochen, kann Veränderungen in dieser Position von Seiten des Unterhaltsberechtigten wie des Unterhaltspflichtigen nur im Wege des Abänderungsantrags nach §§ 238, 239 FamFG Rechnung getragen werden. Hierbei sind die für die betreffende Unterhaltspartei maßgeblichen Besonderheiten zu beachten: Der Unterhaltsberechtigte muss eine Mehrforderung anmahnen; dies hat zugleich im Fall einer gerichtlichen Entscheidung nach § 238 III 2 FamFG Folgen für den Abänderungszeitpunkt. Der Unterhaltspflichtige hat gem. § 238 III 3 FamFG ein Auskunfts- oder Verzichtsverlangen an den Unterhaltsberechtigten zu richten.

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II. Sonderbedarf

 

Von den regelmäßig anfallenden, den allgemeinen Lebensbedarf übersteigenden Kosten zu unterscheiden ist der unregelmäßige außergewöhnlich hohe Bedarf (sog. Sonderbedarf) i. S. des § 1613 II Nr. 1 BGB.

1. Definition

Beim Sonderbedarf handelt es sich um einen überraschenden, nicht mit Wahrscheinlichkeit voraussehbaren und der Höhe nach nicht abschätzbaren Bedarf, der deshalb beim laufenden Unterhalt nicht angesetzt werden konnte und deshalb eine zusätzliche Unterhaltsleistung rechtfertigt. Dies ist von Fall zu Fall für die jeweilige Aufwendung zu prüfen. Die Geltendmachung von Sonderbedarf ist auf Ausnahmefälle zu beschränken (BGH, NJW 2006, 1509, in Fortführung von BGH, NJWE-FER 2001, 253; NJW 1982, 328; NJW 1984, 2826; s. aber OLG Karlsruhe, FamRZ 1997, 967, wonach nicht erforderlich sein soll, dass der Sonderbedarf überraschend aufgetreten ist).

2. Sonderbedarfspositionen

Sonderbedarf können etwa sein:

  • unvorhergesehene Krankheitskosten (BGH, NJW 1983, 224);
  • Erstausstattung eines Säuglings (OLG Koblenz, NJW-RR 2009, 1305: pauschal 1000 Euro; OLG Koblenz, FamRZ 1989, 311; OLG Nürnberg, FamRZ 1993, 995);
  • Kosten einer Klassenfahrt (OLG Hamm, FamRZ 2003, 1585; FamRZ 1992, 346; OLG Köln, NJW 1999, 295; OLG Dresden, FuR 2000, 122), jedenfalls dann, wenn diese nicht aus dem Barunterhalt bestritten oder angespart werden können;
  • Kosten für den wegen vorübergehender Schwierigkeiten erforderlichen Nachhilfeunterricht (OLG Koblenz, OLG-Report 2003, 32; OLG Köln, NJW 1999, 295),
  • Kosten eines Computers bei Lernschwierigkeiten eines Kindes (OLG Hamm, NJW 2004, 858).

Kosten der Konfirmation sind kein Sonderbedarf, denn sie sind spätestens mit Beginn des Konfirmandenunterrichts absehbar (BGH, NJW 2006, 1509). Gleiches wird für die Kosten der Kommunion gelten. Kindergartenbeiträge können, da sie regelmäßig anfallen, keinen Sonderbedarf (§ 1613 II Nr. 1 BGB) begründen.

 

In einer aktuellen Entscheidung hat das OLG Frankfurt/M. ((4. FamS, Urteil v. 21.7.2010 - 4 UF 55/10) entschieden, dass die Kosten einer von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erstatteten kieferorthopädischen Behandlung grundsätzlich einen unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf darstellen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Entscheidung zur Vornahme der betreffenden Behandlung im Einvernehmen mit dem barunterhaltspflichtigen Elternteil getroffen wurde oder zahnmedizinisch indiziert war. Die Beweislast hierfür trägt der Unterhaltsberechtigte.

3. Anerkennungsfähigkeit des Sonderbedarfs

In jedem Fall ist die Prüfung geboten, ob die geltend gemachten Kosten aus der Sicht des objektiven Beobachters als notwendig erscheinen. Die Beteiligung des barunterhaltspflichtigen Elternteils an den Kosten eines halbjährigen Aufenthalts in Nordamerika im Wege des Schüleraustauschs kann danach nicht verlangt werden, denn ein solch langer Aufenthalt ist nach wie vor weder üblich noch für eine sinnvolle Ausbildung erforderlich. Insbesondere birgt die Teilnahme für einen weniger leistungsstarken Schüler Risiken, die möglicherweise das Bestehen in anderen Fächern gefährden können (OLG Naumburg, NJWE-FER 2000, 174). Gleiches gilt für den zehnmonatigen Aufenthalt eines Gymnasiasten in den USA zur Teilnahme an einem offiziellen Exchange Visitor Programm. Der einjährige Aufenthalt eines Schülers im Ausland (Aufenthalt in den USA mit Kosten von 3000 Euro) rechnet nicht zum angemessenen Ausbildungsbedarf, denn er ist weder unabweisbar noch unterhaltsrechtlich ohne Weiteres als berechtigt zu bewerten. Allein die mit dem Aufenthalt verbundene Persönlichkeitsentwicklung rechtfertigt nicht die unterhaltsrechtliche Unterstützung. Der Aufenthalt ist auch nicht Voraussetzung, um eine Note im oberen Notenbereich zu erlangen. Ein solcher Erfolg kann ebenso mit geringerem finanziellen Aufwand erreicht werden. Die deutlich überwiegende Anzahl der deutschen Schüler nimmt an solchen Auslandsaufenthalten zudem nicht teil (OLG Schleswig, NJW 2006, 1601; zu den Mehrkosten eines einjährigen Studienaufenthalts eines Gymnasiasten im Ausland vgl. OLG Dresden, NJOZ 2006, 1368).

Zu prüfen ist ferner, ob nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils dessen volle Inanspruchnahme zu rechtfertigen ist. Es kommt nämlich in Betracht, dass ein Teil der Kosten aus dem laufenden Unterhalt abgedeckt werden kann (OLG Zweibrücken, FamRZ 2001, 444: nur dann Sonderbedarf, wenn die Kosten bei vorausschauender Planung nicht aus dem laufenden Unterhalt bedient werden können).

4. Haftung der Eltern

Verfügt der betreuende Elternteil über Einkünfte, kann es zumutbar sein, dass dieser sich auch an den Kosten beteiligt (BGH, NJW 2006, 1509). Es gelten die zum Mehrbedarf gemachten Ausführungen.

5. Durchsetzung des Sonderbedarfs

a) Zeitliche Beschränkung. Sonderbedarf kann für die Vergangenheit nach Maßgabe des § 1613 II Nr. 1 BGB ohne die Beschränkungen des § 1613 I BGB verlangt werden, nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung nur bei vorheriger Anmahnung oder Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage.

b) Verfahrensrechtliches Vorgehen. Richtige Antragsart für die Geltendmachung von Sonderbedarf ist der einfache Zusatzantrag. Sonderbedarf ist in einer Summe geltend zu machen (BGH, NJW 1982, 328; OLG Köln, BeckRS 2009, 28603).

Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Unterhaltsberechtigte.

III. Schlussbemerkung zu Sonderbedarf beim Unterhalt

Die Einforderung von Mehr- und Sonderbedarf verkompliziert das Unterhaltsverfahren im Blick auf die beiderseitige Haftung der Eltern. Die in der Praxis überwiegend anzutreffenden wirtschaftlich engen Verhältnisse werden die Einforderung von Mehrbedarf vielfach an der fehlenden Leistungsfähigkeit scheitern lassen. Es bleibt, Mehrbedarf aus den seit 01.01.2014 geltenden höheren Bedarfssätzen zumindest teilweise aufzufangen.

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