Scheidungsrecht Rechtsprechung: Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Ehevertrag, Düsseldorfer Tabelle

Plicht zur Ganztagstätigkeit beim Ehegattenunterhalt trotz zweier Kinder

Einer geschiedenen Ehefrau ist es nach neuem Unterhaltsrecht grundsätzlich zuzumuten, trotz Betreuung von 7 und 10 Jahre alten Kindern einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, sofern die Notwendigkeit einer anderweitigen Regelung von ihr nicht dargelegt wird. Befindet sich die geschiedene Ehefrau noch in einer Berufsfortbildung, ist ihr nach deren Beendigung noch eine angemessene Zeit zu gewähren, um anschließend eine angemessene Beschäftigung zu finden; mit dem Auslaufen dieser Zeit ist der Unterhaltsanspruch zu befristen. Sollte danach eine unverschuldete Bedürftigkeit bestehen bleiben, ist es Sache der Gläubigerin, einen weiteren Unterhaltsanspruch gegen den Schuldner darzulegen, zu beweisen und gegebenenfalls neu einzuklagen.

OLG Köln, Urteil vom 27.05.2008 - 4 UF 159/07; BeckRS 2008, 11578

Sachverhalt

Die Parteien, aus deren Ehe zwei minderjährige, bei der Klägerin lebende Kinder hervorgegangen waren, stritten um nachehelichen Unterhalt. Ende Februar 2007 wurde ein vom Beklagten stammendes nichteheliches Kind geboren. Die Parteien stritten in erster Linie über die Höhe des Einkommens des Beklagten sowie den Bedarf und eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin ab Januar 2008.

Rechtliche Wertung

Vom OLG wurde der Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 1578b II BGB bis einschließlich Dezember 2008 befristet mit der Begründung, es könne erwartet werden, dass die Klägerin ab Januar 2009 auch unter Wahrung der Kindeswohlbelange in der Lage sei, ihren Unterhaltsbedarf durch eigene Erwerbstätigkeit selbst zu decken. Aufgrund des ab Januar 2008 geltenden neuen Unterhaltsrechts seien der Klägerin jedenfalls die aktuell erzielten 400 Euro monatlich als eigenes Einkommen anzurechnen; ihr vom Beklagten zu deckender Bedarf sei entsprechend zu kürzen.

Bis Ende 2008 sei darüber hinaus kein fiktives Einkommen zuzurechnen, obwohl der Klägerin nach der Neuregelung des § 1570 BGB – trotz der Betreuung ihrer beiden rund 10 ½ bzw. 7 ½ Jahre alten Kinder – eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zuzumuten sei. Denn vorliegend liege ein Ausnahmefall insofern vor, als sich die Klägerin noch in der Berufsfortbildung (zur Betriebswirtin) befinde. Nach Beendigung der beruflichen Fortbildung sei ihr noch eine angemessene Zeit zur Suche nach einer angemessenen Beschäftigung zu gewähren; denn man könne nicht annehmen, dass es ihr gelingen werde, nahtlos nach Beendigung der Fortbildung eine entsprechende Tätigkeit zu finden. Hier erscheine es angemessen, der Klägerin bis Ende 2008 eine entsprechende Orientierungsphase zuzubilligen. Anschließend könne sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Schon jetzt habe sie Möglichkeiten zu suchen, um eine Betreuung ihrer dann 11 und 8 Jahre alten Kinder dergestalt zu gewährleisten, dass sie selbst vollschichtig tätig sein könne. Somit sei der Unterhaltsanspruch zu befristen bis Ende 2008. Sofern die Klägerin über diesen Zeitpunkt hinaus unverschuldet bedürftig bleiben würde, sei es ihre Sache, einen weiteren Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten darzulegen, zu beweisen und gegebenenfalls neu einzuklagen. Auf Seiten des Beklagten sei bei der Prüfung seiner Leistungsfähigkeit ab Januar 2008 zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach dem neuen Unterhaltsrecht nunmehr mit der jetzigen Lebensgefährtin des Beklagten gleichrangig unterhaltsberechtigt sei. Beide Kindesmütter seien nachrangig berechtigt gegenüber den drei Kindern.

Praxishinweis

Mit dem «Abschied vom Altersphasenmodel» wird in der Rechtsprechung Ernst gemacht, wie die vorliegende Entscheidung des OLG Köln zeigt. Denn es wird unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die geschiedene Ehefrau auf der Grundlage des neuen Unterhaltsrechts grundsätzlich eine Verpflichtung zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit hat, selbst wenn sie noch 7 und 10 Jahre alte Kinder betreut. Ausnahmsweise ist eine großzügigere Behandlung dann angezeigt, wenn die geschiedene Ehefrau – wie hier – noch eine Berufsfortbildung macht. Es wird dem Einzelfall vorbehalten bleiben, ob man – wie hier – anschließend noch eine «Suchzeit» zugesteht, oder ob man nicht schon während der Zeit der Fortbildung verlangen muss, dass mit der Suche begonnen wird mit dem Ergebnis, dass die Erwerbsobliegenheit «nahtlos» nach Beendigung der Fortbildungszeit einsetzt.

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