Scheidungsrecht Rechtsprechung: Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Ehevertrag, Düsseldorfer Tabelle

OLG Düsseldorf - Wohnvorteil / verbrauchsunabhängige Nebenkosten

Bei der Berechnung des Wohnvorteils sind verbrauchsunabhängige Nebenkosten nicht abzugsfähig.

II-7 UF 87/07

03.09.2007

Oberlandesgericht Düsseldorf 

Beschluss

I. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1 872 € festgesetzt.

II. Das Prozesskostenhilfegesuch des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

III. Der Antragstellerin wird zur Verteidigung gegen die gegnerische Berufung gemäß § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin L. in E. beigeordnet.

IV. Zur Vorbereitung des Senatstermins werden die Parteien auf Folgendes hingewiesen:

In Frage steht ein Unterhaltsanspruch nach § 1572 Nr. 1 BGB sowie (jedenfalls ergänzend) ein Aufstockungsunterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB, für dessen Bemessung die ehelichen Verhältnisse der Parteien maßgeblich sind. Die Ehescheidung der Parteien dürfte gemäß § 629a Abs. 3 S. 1 ZPO seit dem 21. Juli 2007 rechtskräftig sein.

1) Einkommen des Antragsgegners

Der Antragsgegner bezieht bereits seit geraumer Zeit eine Rente, welche sich aktuell auf monatlich 1 506,98 € beläuft (Bl. 61 GA). Die nachgewiesene Krankenzusatzversicherung (Bl. 12 PKH) von derzeit 45,80 € monatlich (Bl. 57,67 GA) ist in Abzug zu bringen.

Der Antragsgegner erhält – was allerdings von beiden Parteien nicht vorgetragen ist – im Hinblick auf seine frühere Tätigkeit als … ein ebenfalls seinem Einkommen zuzurechnendes jährliches Deputat von 305,50 € (Bl. 6 PKH) = monatlich 25,46 €.

Weiterhin ist dem Antragsgegner ein Wohnvorteil hinzuzurechnen; dies wird im Ansatz von den Parteien auch nicht angezweifelt. Der Antragsgegner bewertet aber den Vorteil niedriger als vom Ansatz geschätzt und macht zudem höhere Belastungen geltend.

Indes ist der vom Amtsgericht mit 5 € × 135 qm =  675 € (gemäß § 287 ZPO bemessene) Wohnvorteil für das 268 qm große und im Jahre 1986 bebaute Grundstück (Bl. 26 GA) nicht zu beanstanden. Die Wohnfläche beträgt 135 qm. Der Wohnvorteil ist anhand eines objektiven Mietwertes zu bemessen; ein Ansatz von 5 € pro Quadratmeter ist hierbei auch im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse in H. nicht zu beanstanden.

An Belastungen sind nur die auf dem Haus ruhenden Finanzierungslasten abzuziehen; weitere mit der Nutzung, für die die Antragstellerin keine Entschädigung erhält, verbundene verbrauchsunabhängige Nebenkosten, welche der Antragsgegner geltend macht (Bl. 58 GA), sind nicht abzugsfähig. Dies liegt darin begründet, dass der Wohnvorteil denjenigen merkantil zu bemessenden Wert und damit verbundenen Vorteil der aus dem gemeinsam erwirtschafteten Vermögen gezogenen Nutzungen erfassen soll, den der Eigentümer und Eigennutzer eines Hauses gegenüber einem Mieter hat (vgl. BGH FamRZ 1995, 869). Umgekehrt können nur solche Lasten berücksichtigt werden, welche im Vergleich zu einem Mieter ausschließlich den Eigentümer treffen, da nur die besonderen Nachteile in Ansatz zu bringen sind, welche den Eigentümer im Hinblick auf die Finanzierung seiner zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten gehörenden Wohnkosten schlechter stellen als einen Mieter. Da aber auch Mieter solchen Aufwand wie Grundsteuer und Versicherungsbeträge im Allgemeinen über die Umlage ebenfalls tragen müssen, kommt hierfür ein besonderer Ansatz nicht in Betracht; dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats und steht auch derjenigen des Bundesgerichtshofs nicht entgegen (s.o.), der von einer Gegenüberstellung der Aufwendungen eines Mieters einerseits und eines Eigentümers andererseits spricht (schon BGH FamRZ 1985, 354 ff. und FamRZ 1994, 1100). Hier hat sich aber die Einschätzung inzwischen aufgrund tatsächlicher Verhältnisse gewandelt, weil heutzutage generell auch die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten generell auch auf einen Mieter umgelegt werden können und umgelegt werden (vgl. HeizkostenVO sowie BetrKV und für preisgebundenen Wohnraum §§ 20 ff. NMV 1970 i.V.m. der II. BV, vgl. dort insbesondere Anlage 3 Nr. 1[Grundsteuer] und 13[Versicherungen]). Der Senat verfügt insoweit über profunde Kenntnisse aufgrund zahlreicher Verfahren und auch Entscheidungen in Prozesskostenhilfe-Angelegenheiten.

An monatlichen Finanzierungs-Belastungen macht der Antragsgegner unter Hinweis auf aus den Jahren 2005 und 2006 stammende Unterlagen geltend:

– Kredit 1 114,53 € (Bl. 29 UE, 67 GA)

– Kredit 2 80,32 € (Bl. 30 f. UE)

– Lebensversicherung 334,46 € (Bl. 28 UE)

– Hypothekendarlehen 143,16 € (Bl. 23 UE, 67 GA)

Summe 672,47 €; von der Antragstellerin teilweise bestritten.

Zusätzlich beruft er sich auf weiteren „Zwischenfinanzierungsaufwand“ von 22 500 €, davon 11 500 € für einen notwendigen Kontoausgleich und den Rest für die Ablösung eines …-Darlehens; hierzu habe er Darlehen bei seiner jetzigen Lebensgefährtin aufnehmen müssen und er zahle ihr monatlich 159,57 € (Bl. 63, 67 GA). Diese Kreditaufnahme ist aber bislang nicht hinreichend belegt. Hierauf kommt es aber im Ergebnis ebenfalls nicht an, da sich die Lebensgefährtin, welche ebenfalls in dem Haus wohnt, hälftig an den Belastungen im Gegenzug zu einer ersparten Miete zu beteiligen hat. Andernfalls würde sich die Antragstellerin über ihren niedrigeren Unterhalt an den allgemeinen Lebenshaltungskosten der Lebensgefährtin beteiligen, was unbillig wäre. Daher ist auch dem Antragsgegner der volle Wohnwert zuzurechnen (und nicht etwa auch die Hälfte), da er auch das gesamte Grundstück nutzt und ansonsten ein Vorteil letztendlich bei ihm bzw. der Lebensgefährtin verbliebe. An diesem Ergebnis ändert sich schließlich nichts in Ansehung der Nutzung auch durch den volljährigen Sohn der Parteien, der sich offenbar in Ausbildung befindet (Bl. 56 UE) und dessen Wohnkosten nicht durch die nicht unterhaltspflichtige Antragstellerin zu finanzieren sind. Damit verbleibt dem Antragsgegner ein positiver Wohnvorteil von  675 € – [(672,47 € + 159,57 €): 2] = monatlich 258,98 €. An weiteren Belastungen des Antragsgegners ist allerdings der Kindesunterhalt für M., der seit Mai 2007 bei der Antragstellerin wohnt, in Abzug zu bringen, welcher nach der 4. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle verlangt wird und auch in dieser Höhe gerechtfertigt ist (aktuell monatlich  349 € Tabellenbetrag).

2) Einkommen der Antragstellerin

Auch wenn der Antragstellerin – wie vom Amtsgericht angenommen – ein bereinigtes Einkommen von monatlich netto rund  993 € (abzgl. Anreizsiebtel von rund  142 € =  851 €) aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit zugerechnet wird, hat sie einen Nachscheidungsunterhaltsanspruch jedenfalls in der vom Amtsgericht angenommenen Höhe. Ein höheres Einkommen als brutto monatlich 1 465,98 € bei einem sogar recht hohen, aber wegen der örtlichen Verhältnisse durchaus gerechtfertigen Stundenlohn von 8,43 € und 173,9 Stunden könnte die Antragstellerin auch bei hinreichenden Bemühungen um eine Vollzeiterwerbstätigkeit nicht erzielen; schon erst recht nicht in ihrem erlernten Beruf, in dem sie jedenfalls seit der Geburt des ersten Kindes nicht mehr gearbeitet hat. Aus ihrem rentenrechtlich erfassten Versicherungsverlauf (Bl. 26 VA-Heft) ergibt sich, dass sie erst wieder nach der Trennung seit dem Jahre 1999 erwerbstätig ist (im Geringverdiener-Bereich). Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass im Hinblick auf diese Erwerbsbiografie ein höheres Einkommen real erzielt werden könnte. Im Bereich des erlernten Berufs existieren in Deutschland ohnehin nur sehr wenig Arbeitsplätze; die Antragstellerin kann wegen der langen Pause nicht über die technischen Kenntnisse verfügen, welche sich aufgrund der zwischenzeitlichen Entwicklung auch in diesem Berufszweig als unerlässlich darstellen.

Auf eventuelle krankheitsbedingte Einschränkungen kommt es daher nicht einmal an.

Die Unterhaltsberechnung ergibt, auch wenn alle vom Antragsgegner geltend gemachten Belastungen berücksichtigt werden, unter Wahrung des Bedarfskontrollbetrags jedenfalls einen Anspruch in der vom Amtsgericht titulierten Höhe.

Die Berufung ist mithin im Ergebnis unbegründet.

 

Trennungsunterhalt - Scheidungsunterhalt - Kindesunterhalt

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