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Immobilienübertragung bei Scheidung: Was Sie über den Zugewinnausgleich wissen sollten

Immobilienübertragung bei Scheidung: Was Sie über den Zugewinnausgleich wissen sollten

Eine Immobilie ist oft der wertvollste Vermögensgegenstand in einer Ehe. Bei einer Scheidung stellt sich daher die entscheidende Frage: Was passiert mit der gemeinsamen Immobilie? Die Aufteilung des Vermögens und insbesondere der Immobilie gehört zu den komplexesten Aspekten einer Scheidung. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick über die wichtigsten rechtlichen und steuerlichen Aspekte.

Grundlagen des Zugewinnausgleichs bei Immobilien

In Deutschland leben die meisten Ehepaare im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dies bedeutet, dass das während der Ehe erworbene Vermögen bei einer Scheidung ausgeglichen wird. Der Ehepartner mit dem höheren Zugewinn muss die Hälfte der Differenz an den anderen Partner auszahlen.

Bei Immobilien ergeben sich jedoch besondere Herausforderungen:

  • Immobilien müssen professionell bewertet werden
  • Wertsteigerungen und -verluste müssen berücksichtigt werden
  • Die Finanzierung muss neu geregelt werden
  • Steuerliche Aspekte spielen eine wichtige Rolle

Optionen für die Immobilie bei einer Scheidung

Bei einer Scheidung gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten, mit der gemeinsamen Immobilie umzugehen:

1. Verkauf der Immobilie
Der Verkauf bietet einen klaren Schnitt und ermöglicht eine gerechte Aufteilung des Erlöses. Allerdings kann ein schneller Verkauf zu einem niedrigeren Verkaufspreis führen.

2. Übernahme durch einen Ehepartner
Ein Ehepartner kann die Immobilie übernehmen und den anderen auszahlen. Dies ist besonders sinnvoll, wenn Kinder im Haus wohnen bleiben sollen oder eine emotionale Bindung besteht.

3. Gemeinsames Eigentum fortführen
In seltenen Fällen bleibt die Immobilie im gemeinsamen Eigentum, etwa wenn eine Verkauf wirtschaftlich ungünstig wäre oder die Ex-Partner weiterhin kooperieren können.

Immobilienübertragung im Zugewinnausgleich

Besonders komplex wird es, wenn während der Ehe Immobilien von einem Ehepartner auf den anderen übertragen wurden. Hier kommt § 1380 BGB ins Spiel, der die Anrechnung von Vorausempfängen regelt.

Die Anrechnung erfolgt in vier Schritten:

  1. Der Wert der Zuwendung wird dem Endvermögen des zuwendenden Ehepartners hinzugerechnet
  2. Gleichzeitig wird dieser Wert vom Endvermögen des empfangenden Partners abgezogen
  3. Auf dieser Basis wird der Zugewinnausgleichsanspruch ermittelt
  4. Der Wert der Zuwendung wird auf den Zugewinnausgleichsanspruch angerechnet

Besonders problematisch wird es, wenn die übertragene Immobilie an Wert verloren hat oder wenn der Empfänger zusätzliche Schulden hat. In solchen Fällen kann die Anwendung von § 1380 BGB zu überraschenden Ergebnissen führen.

Steuerliche Aspekte der Immobilienübertragung

Bei der Übertragung von Immobilien im Rahmen einer Scheidung sind verschiedene steuerliche Aspekte zu beachten:

Grunderwerbsteuer: Die Übertragung zwischen Ehegatten ist grunderwerbsteuerfrei, ebenso wie die Übertragung zwischen geschiedenen Ehepartnern im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung.

Einkommensteuer: Wenn eine Immobilie zur Erfüllung eines Zugewinnausgleichsanspruchs übertragen wird, kann dies als entgeltliche Veräußerung gelten. Liegt die Übertragung innerhalb der Spekulationsfrist von zehn Jahren, kann eine Spekulationssteuer anfallen.

Ausnahmen: Keine Einkommensteuer fällt an, wenn die Immobilie zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde oder im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

Praktische Tipps für die Immobilienübertragung bei Scheidung

  1. Frühzeitige Bewertung: Lassen Sie die Immobilie frühzeitig durch einen unabhängigen Sachverständigen bewerten.
  2. Bankgespräch führen: Klären Sie mit der finanzierenden Bank, ob eine Schuldübernahme und Haftentlassung möglich ist.
  3. Vollständigkeit beachten: Achten Sie darauf, dass bei der Übertragung alle Bestandteile (Stellplätze, Nebengebäude, PV-Anlagen etc.) berücksichtigt werden.
  4. Absicherung: Bei Ratenzahlungen sollte der übergebende Ehepartner durch eine Auflassungsvormerkung oder Sicherungshypothek abgesichert werden.
  5. Steuerliche Beratung: Lassen Sie sich steuerlich beraten, insbesondere wenn die Immobilie innerhalb der Spekulationsfrist übertragen wird.

Vorsorge für den Scheidungsfall

Wer bereits in guten Zeiten an schlechte Zeiten denkt, kann durch entsprechende Vereinbarungen Klarheit schaffen. In einem Ehevertrag kann geregelt werden, was im Scheidungsfall mit übertragenen Immobilien geschehen soll. Möglich ist etwa ein Rückforderungsrecht, das aber sorgfältig ausgestaltet werden sollte.

Fazit

Die Immobilienübertragung bei einer Scheidung ist ein komplexes Thema mit vielen rechtlichen und steuerlichen Fallstricken. Eine professionelle Beratung durch einen Fachanwalt für Familienrecht und einen Steuerberater ist daher unerlässlich. Mit der richtigen Planung und Gestaltung können jedoch faire Lösungen gefunden werden, die den Interessen beider Ehepartner gerecht werden.