Scheidungsrecht Rechtsprechung: Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Ehevertrag, Düsseldorfer Tabelle

BGH neu: Ehevertrag und lebenslanger Unterhalt

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

XII ZR 151/09 Verkündet am:

7. Dezember 2011

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in der Familiensache

Nachschlagewerk: ja

BGHZ: ja

BGHR: ja

BGB §§ 1578 Abs. 1 Satz 1, 1581 Satz 1

a) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die

Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch

bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2011, 437).

b) Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.

c) Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat. Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten beeinflusst haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260).

d) Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten

unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus.

BGH, Urteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - OLG Bamberg

  AG Aschaffenburg- 2 -

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2011 durch die

Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,

Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Mai 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien, die türkische Staatsangehörige sind, streiten um Abänderung eines Urteils über nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im August 1989 die Ehe geschlossen; im August 1996 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung im Oktober 2002 wurde die Ehe im März 2004 rechtskräftig nach türkischem Recht geschieden. Der Kläger ist Vater eines im März 2005 geborenen weiteren Kindes; seit Juli 2006 ist er mit der Mutter dieses Kindes verheiratet. Am 1. März 2006 wurde der Kläger  durch das Amtsgericht  - Familiengericht - O.            unter Anwendung deutschen  Rechts zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 299 € verurteilt. Mit Urteil des Amtsgerichts  - Familiengericht - Aschaffenburg  vom 25. April 2007 wurde die Unterhaltspflicht abgeändert und der Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt auf monatlich 221 € herabgesetzt. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger  den Wegfall seiner Unterhaltspflicht wegen des zum 1. Januar 2008 eingetretenen Gleichrangs seiner neuen Ehefrau mit der Beklagten und des inzwischen erhöhten Selbstbehalts.

Das Amtsgericht hat das Urteil vom 25. April 2007 dahingehend abgeändert, dass der Kläger für die Zeit ab dem 23. Juli 2008 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 167 € verlangt hat, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10). Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, weil das Amtsgericht ihr zu Recht weiteren nachehelichen Unterhalt versagt habe. Im Abänderungsverfahren sei deutsches Unterhaltsrecht anwendbar, weil auch das abzuändernde Urteil auf deutschem Unterhaltsrecht beruhe. Danach stehe der Beklagten zwar dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch zu, sie könne ihren Bedarf jedoch mit den ihr fiktiv zuzurechnenden Einkünften selbst decken.

Die Beklagte habe einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB und auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Der von ihr betreute gemeinsame Sohn sei zwar bereits dreizehn Jahre alt. Die Beklagte habe jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass der Sohn  unter der Trennung seiner Eltern leide und sehr verhaltensauffällig sei und dass seine Betreuung mit einer erheblichen Belastung der Mutter verbunden sei. Der Sohn besuche bis 14 Uhr die Schule. Wegen des Bedarfs nach ergänzender persönlicher Betreuung und der sich daraus  für die Beklagte  ergebenden psychischen Belastung  sei  ihr zwar keine Vollzeiterwerbstätigkeit zumutbar. Auch unter Berücksichtigung der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten des gemeinsamen Sohnes sei aber keine ständige Betreuung erforderlich. Die Beklagte könne  neben der persönlichen Betreuung täglich sechs Stunden arbeiten und bei einem Stundenlohn von 7 € ein monatliches Nettoeinkommen erzielen, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 682,63 € belaufe. Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt stehe der Beklagten  schon deswegen nicht zu, weil sie gegenwärtig keine Ausbildung absolviere. Auch unmittelbar nach der Trennung im Jahre 2002 habe sie keine Ausbildung aufgenommen; bis zur Fortsetzung ihrer Schulausbildung seien vier Jahre vergangen. Der Entschluss zur Weiterbildung sei erst nach der Kündigung eines zwischenzeitlich eingegangenen Arbeitsverhältnisses gefallen, um  die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Der Anspruch der Beklagten auf Betreuungsunterhalt sei nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig mit  dem Unterhaltsanspruch  der neuen Ehefrau des Klägers. Ihr Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen sei deswegen im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten zu ermitteln. Dabei sei der auf der neuen Ehe beruhende Splittingvorteil einzubeziehen. Die jetzige Ehefrau des Klägers sei nicht berufstätig und verfüge über kein Einkommen. Trotz des Alters ihres Kindes und der zeitweisen Betreuung im Kindergarten sei ihr kein fiktives Einkommen zuzurechnen. Den Ehegatten stehe es grundsätzlich frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Ehegatte allein einer Berufstätigkeit nachgehe und der andere sich der Familienarbeit widme. Eine Erwerbspflicht innerhalb der neuen Ehe und die sich daraus ergebende  Möglichkeit der  fiktiven Zurechnung eines Erwerbseinkommens kämen allenfalls im Verhältnis zu unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern in Betracht. Der Kläger habe im Jahre 2008  ein Nettoeinkommen erzielt, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 1.762,43 € belaufe. Für die Zeit ab 2009 sei das Einkommen bei nur geringen Veränderungen der Steuerlast fortzuschreiben. Lebe der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammen, sei  im Rahmen der Unterhaltsberechnung grundsätzlich die Ersparnis durch dieses Zusammenleben zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung allein durch Kürzung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sei hingegen nicht möglich, weil sie sonst sowohl dem geschiedenen Ehegatten als auch dem gleichrangigen neuen Ehegatten in gleicher Weise  zugutekomme. Der Synergieeffekt könne daher nur in der Weise berücksichtigt werden, dass einerseits der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen und der Bedarf des mit ihm zusammenlebenden zweiten Ehegatten m einen Prozentsatz gekürzt und der Bedarf des ersten Ehegatten um diesen Prozentsatz angehoben werde. Dies führe zu einer Erhöhung des Bedarfs des ersten Ehegatten um 10 %. Von einer Ersparnis durch das Zusammenleben könne aber nur dann die Rede sein, wenn der gemeinsame Selbstbehalt der Partner gewahrt sei. Dieser betrage 1.800 € und sei allein durch das Einkommen des Klägers nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts nicht gesichert. In solchen Fällen sei eine Reduzierung des Eigenbedarfs des Unterhaltspflichtigen und  des Bedarfs  eines mit ihm zusammenlebenden Ehegatten nicht  zulässig. Ohne Berücksichtigung eines Synergieeffekts ergebe sich  somit  ein Unterhaltsbedarf der Beklagten in Höhe von 586,54 €, der durch die von ihr erzielbaren Einkünfte voll gedeckt sei.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.

1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht den Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen des vorliegenden Abänderungsverfahrens nach deutschem materiellem Recht beurteilt. Für den hier relevanten nachehelichen Unterhalt ab dem 23. Juli 2008 richtet sich das anwendbare materielle Recht nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73; vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 5). Nach dessen Art. 8 ist in einem Vertragsstaat, in dem eine Ehescheidung ausgesprochen oder anerkannt worden ist, für den nachehelichen Unterhalt zwar das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend (vgl. jetzt Art. 5 HUP 2007). Das wäre hier das türkische Recht, weil die Parteien auf der Grundlage ihrer türkischen Staatsangehörigkeit nach diesem Recht geschieden worden sind. Im Ausgangsverfahren hätten die Instanzgerichte den nachehelichen Unterhalt deswegen nach türkischem Recht beurteilen müssen (vgl. Wendl/Dose aaO § 9 Rn. 477 ff.). Hier begehrt der Kläger allerdings Abänderung der  früheren Entscheidungen zum nachehelichen Unterhalt vom 1. März 2006 und vom 25. April 2007, die auf der Grundlage  des  deutschen Unterhaltsrechts ergangen sind. Auch wenn im Ausgangsverfahren über den nachehelichen Unterhalt ein unzutreffendes Unterhaltsstatut angewandt wurde, hat dies im Rahmen der späteren Abänderung dieses Unterhaltstitels  Bestand. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ermöglicht § 323 ZPO weder eine von der bisherigen Unterhaltsbemessung unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung der Verhältnisse, die bereits in dem abzuändernden Titel eine Bewertung erfahren haben. Die Abänderungsentscheidung kann vielmehr nur zu einer den veränderten Verhältnissen entsprechenden Anpassung des Unterhaltstitels führen (Senatsurteil BGHZ 185, 322 = FamRZ 2010, 1150 Rn. 10 ff., 19 ff. und BGH Urteil vom 16. Mai 1979 - IV ZR 57/78 - FamRZ 1979, 694, 695). Entsprechend ist im Rahmen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO auch das dem abzuändernden Titel zugrunde liegende materielle Recht  - sei es  das inländische oder ein ausländisches - nicht austauschbar, sondern bleibt auch für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich. Die Abänderung vollzieht sich mithin im Rahmen dieses Sachrechts entsprechend der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (Senatsurteile vom 1. Juni 1983 - IV b ZR 386/81 - FamRZ 1983, 806, 808  und vom 29. April 1992  - XII ZR 40/91 - FamRZ 1992, 1060, 1062). Das führt hier zur Anwendbarkeit des deutschen Unterhaltsrechts.

2. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Beklagten gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessen. Dabei ist es allerdings der Rechtsprechung des Senats gefolgt und hat den Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung  aller nachehelich eingetretenen tatsächlichen Umstände bestimmt. Diese  auf dem Wegfall des Stichtagsprinzips basierende Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht für nicht mit dem geltenden Recht vereinbar erklärt (BVerfG FamRZ 2011, 437, 441 ff.). Im Anschluss an diese Entscheidung gibt der Senat diese Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (vgl. Senatsurteile BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 Rn. 42 ff. und  BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 30 ff.) auf und kehrt  für die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen  zu dem seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden Stichtagsprinzip zurück.

a) Danach werden die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich  jedenfalls  durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eintreten (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 136; BVerfGE 108, 351, 366 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69; Senatsurteile BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 989 ff.;  vom 19. Juli 2000  - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493;  vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993  - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.;  vom 18. März 1992  - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992, 1045, 1056; vom 13. Juli 1988 - IV b ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1032;  vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.; vgl. auch Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 8 Rn. 426 ff.). Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen  sind somit grundsätzlich die Umstände  zu berücksichtigen, die das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen  auch  schon vor  Rechtskraft der Ehescheidung beeinflusst haben (Senatsurteil vom  10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241 f.).  Ebenso ist grundsätzlich auch  das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter bis zur rechtskräftigen Ehescheidung zu berücksichtigen. Denn die Unterhaltspflicht gegenüber solchen, vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen weiteren Unterhaltsberechtigten  beeinflusst in gleicher Weise die ehelichen Lebensverhältnisse, weil sie  auch schon während der  später  geschiedenen Ehe bestand (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69).

aa) Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats  sowohl für gemeinsame Kinder als auch für Kinder des Unterhaltspflichtigen aus einer neuen Beziehung, die bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung geboren sind (Senatsurteile vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993  - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 13. Juli 1988 - IV b ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987  - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Dies gilt selbst dann, wenn die Kinder inzwischen volljährig und nach § 1609 Nr. 4 BGB gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig sind  (Senatsurteil vom 25. Februar 1987  - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.).  Ihr Nachrang wirkt sich dann erst bei Vorliegen eines absoluten Mangelfalles im Rahmen der Leistungsfähigkeit  aus (zum Begriff des Mangelfalls vgl. Wendl/Gutdeutsch Das  Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1).  Die Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen entfallen erst dann, wenn das Kind selbst nicht mehr unterhaltsberechtigt ist (Senatsurteil  vom 20. Juli 1990 - XII ZR 73/89 - FamRZ 1990, 1085, 1087 f.).

bb) Nichts anderes gilt für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB, den die Mutter eines vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen nichtehelichen Kindes  schon während der Ehezeit  von dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten verlangen kann (so auch  Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Maier FuR 2011, 182, 184). Auch diese Unterhaltspflicht hat die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten bereits beeinflusst. Weil der geschiedene Ehegatte nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf einen den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhalt hat, ist es in solchen Fällen gerechtfertigt und sogar geboten, bei der Unterhaltsbemessung den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB in der geschuldeten Höhe vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorab abzuziehen (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 1993  - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f. und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Der abweichenden Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609, 2610; Maurer FamRZ  2011, 849, 856), wonach Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB die ehelichen Lebensverhältnisse nicht beeinflussen, auch wenn sie bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind, vermag der Senat nicht zu folgen. Soweit Maurer darauf hinweist, dass der Unterhaltsberechtigte von  den erst während der Ehe hinzugekommenen  Unterhaltspflichten seines Ehegatten  im Zeitpunkt der Heirat noch nichts wusste, während er über die Unterhaltspflicht gegenüber vorehelich geborenen Kindern grundsätzlich informiert sei, überzeugt dies nicht. Nach dem genannten Verständnis des Begriffs der ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, das auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69 f.)  zugrunde liegt,  kommt es nicht auf die Kenntnis des unterhaltsberechtigten Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat, sondern nur darauf an, dass die Unterhaltspflicht noch während der Ehe entstanden ist und somit das in dieser Zeit für den Lebensbedarf der Ehegatten verfügbare Einkommen beeinflusst hat. Auch das weitere Gegenargument, welches darauf abstellt, dass sich der Bedarf der Mutter eines während der Ehezeit nichtehelich geborenen Kindes gemäß  §§ 1615 l Abs. 3  Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB nach ihrer eigenen Lebensstellung richtet und somit den Bedarf der geschiedenen Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen übersteigen könne, überzeugt nicht. Denn ob die Mutter  eines nichtehelich geborenen Kindes tatsächlich höheren Unterhalt als die geschiedene Ehefrau bekommt, lässt sich erst unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes beantworten, der nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats bereits im Rahmen der Bemessung ihres Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen ist  (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004  - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442 Rn. 13 ff.). Selbst wenn die Wahrung der Halbteilung auch insoweit erst  ein Umstand der  Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB wäre, könnten unbillige Ergebnisse auf dieser Stufe vermieden werden.

cc) Danach hatte die noch fortbestehende Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber dem ehegemeinsamen Kind bereits die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien bestimmt. Das Oberlandesgericht hat den insoweit nach § 1610 Abs. 1 BGB angemessenen Unterhalt deswegen zu Recht vorab vom Einkommen des Klägers abgezogen, bevor es den Unterhaltsbedarf der Beklagten ermittelt hat. b) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB können aber auch durch solche Umstände beeinflusst werden, die erst nach Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind und mit der Ehe in Zusammenhang stehen. 

aa) Dies setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zumindest einen gewissen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen voraus, damit die Auslegung noch vom Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gedeckt ist (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Solches ist bei Entwicklungen der Fall, die einen Anknüpfungspunkt in der Ehe finden, also gleichsam in ihr angelegt waren, oder die bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70; Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.; vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f. und vom 16. März 1988  - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). An dieser Rechtsprechung zur Berücksichtigung der bereits in der Ehe angelegten nachehelichen Veränderungen bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 hält der Senat fest (vgl. auch Borth FamRZ 2011,  445, 446; Graba  FF 2011, 102, 103 und Born  FF 2011, 136, 138 f., 142).

bb) Einfluss auf die Unterhaltsbemessung nach den  ehelichen Lebensverhältnissen können  nach Rechtskraft der Ehescheidung eingetretene Umstände also insbesondere dann haben, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 64, 70; Senatsurteil vom 27. November 1985  - IV b ZR 87/84 - FamRZ 1986, 148, 149). Gleiches gilt, wenn die späteren Umstände bereits in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (Senatsurteil vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). Nacheheliche Einkommensänderungen bestimmen somit insbesondere dann die ehelichen Lebensverhältnisse, wenn es sich um bereits während der Ehezeit absehbare Entwicklungen handelt. Das gilt sowohl für einen nicht vorwerfbaren nachehelichen Einkommensrückgang (Senatsurteil  BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.) als auch für eine nicht vorwerfbare nacheheliche Arbeitslosigkeit oder den Beginn der Regelaltersrente (Senatsurteil BGHZ 163, 187 = FamRZ 2005, 1479, 1480). Auch nacheheliche Veränderungen im Ausgabenbereich sind dann bei der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen, wenn dies auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten war, wie etwa der umzugsbedingte Wegfall von Fahrtkosten (Senatsurteil vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575, 576). Dass die spätere Entwicklung dem Unterhaltspflichtigen nicht vorwerfbar sein darf (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70 und Maurer FamRZ 2011, 849, 854), ergibt sich schon daraus, dass eine dem Unterhaltspflichtigen vorwerfbare Einkommensverringerung zum Ansatz fiktiver Einkünfte führen würde und deswegen letztlich unberücksichtigt bliebe (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f.). Die Einkünfte aus einer nachehelich aufgenommenen Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten sind als Surrogat der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung während der Ehe zu behandeln und somit ebenfalls bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen  zu  berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 988 ff.; BVerfGE 105, 1 = FamRZ 2002, 527). Ein hinreichender Bezug zur Ehe ist in dem erst nachehelich erzielten Erwerbseinkommen deswegen zu erblicken, weil die Erwerbstätigkeit mit zunehmendem Alter der gemeinsamen Kinder auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten gewesen wäre.

c)  Ohne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bleibt hingegen eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet. Dies gilt  nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts  insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, die erst durch die Scheidung der ersten Ehe eintreten kann (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Gleiches gilt für die aus der neuen Ehe hervorgehenden  finanziellen  Vorteile, wie den Splittingvorteil  (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 823 f. und Senatsurteile BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819 und vom 23. Mai 2007  - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 15 ff.) oder sonstige, von der neuen Ehe abhängige Einkommenszuschläge (Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 44 ff.). Der Splittingvorteil des geschiedenen Ehegatten aus seiner neuen Ehe muss bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der geschiedenen Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt bleiben, weil dieser auf seiner neuen Ehe beruht und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dieser neuen Ehe verbleiben muss (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; Senatsbeschluss BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819). Auch der Vorteil des Zusammenlebens des Klägers in seiner neuen Ehe kann sich nur im Rahmen der Konkurrenz des Unterhaltsanspruchs seiner neuen Ehefrau mit dem Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen der Leistungsfähigkeit auswirken, nicht hingegen auf die gebotene Bedarfsbemessung im Wege der Halbteilung der ehelichen Lebensverhältnisse (Schwamb FamRB 2011, 120, 122; a.A. wohl Maurer FamRZ 2011, 849, 860). Auch die Unterhaltspflicht für  ein  nachehelich geborenes Kind und der Betreuungsunterhalt für  dessen  nicht mit dem Vater verheiratete Mutter nach § 1615 l BGB sind bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu berücksichtigen. Insoweit fehlt es für die erst nachehelich entstandenen Umstände an der erforderlichen Anknüpfung an die geschiedene Ehe.  Solche Unterhaltsansprüche sind weder in der Ehe angelegt noch bei fortbestehender Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten (so auch Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 805; Borth FamRZ 2011, 445, 446 f.; Maurer FamRZ 2011, 849, 855; Born FF 2011, 136, 142 und Maier FuR  2011,  182, 184). Der abweichenden Auffassung von Gutdeutsch (FamRZ 2011, 523, 524 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Soweit darauf abgestellt wird, dass solche  von einer Wiederheirat unabhängige  Unterhaltspflichten auch bei fortbestehender Ehe möglich sind, überzeugt dies nicht. Denn bei fortbestehender Ehe besteht jedenfalls nicht die  vom Bundesverfassungsgericht (FamRZ 2011, 437 Rn. 64) geforderte hohe Wahrscheinlichkeit der Geburt weiterer Kinder aus einer anderen Verbindung. Das Gebot der Gleichbehandlung aller ehelich oder nachehelich geborenen minderjährigen Kinder (Art. 6 Abs. 5 GG) kann eine Berücksichtigung nachehelich geborener Kinder bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ebenfalls nicht begründen. Denn nach § 1609 Nr. 1 BGB stehen die Unterhaltsansprüche minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder ohnehin stets im ersten Rang. Unabhängig davon, ob sie den Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten beeinflussen oder nicht, sind  ihre Ansprüche im Rahmen der Leistungsfähigkeit stets  vorab zu befriedigen, was die  von der Verfassung  gebotene Gleichbehandlung sicherstellt (vgl. auch Maurer FamRZ 2011, 849, 856).

d) Soweit die Umstände der geschiedenen Ehegatten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen sind,  ist schon  insoweit  der Halbteilungsgrundsatz  zu beachten. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass Unterschiede im Einkommen der geschiedenen Ehegatten nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse führen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die von beiden erwerbstätigen Ehegatten erzielten Einkünfte ihnen gleichmäßig zugutekommen, soweit nicht jedem für erhöhte berufsbedingte Aufwendungen ein Anteil seines Einkommens vorab allein zugerechnet wird (Senatsurteile vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575 f. und vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241). Entsprechend ist den geschiedenen Ehegatten bei der Unterhaltsbemessung nach

den ehelichen Lebensverhältnissen das Einkommen, das den Lebensstandard

ihrer Ehe geprägt hat, grundsätzlich hälftig zuzuordnen, unabhängig davon, ob

es nur von einem oder von beiden Ehegatten erzielt wird (BVerfG FamRZ 2011,

28- 16 -

437 Rn. 46; BVerfGE 105, 1, 12 = FamRZ 2002, 527 und BVerfGE 63, 88, 109

= FamRZ 1983, 342; so auch Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 und

Graba FF 2011, 102, 105).

Ausnahmen von dieser Halbteilung im Rahmen der Bedarfsbemessung

sind nur dann geboten, wenn im Einzelfall nach der Rechtsprechung des Senats ein Mindestbedarf geschuldet ist (Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ

2010, 357 Rn. 25 ff. und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010,

629 Rn. 32 f.) oder wegen besonders hoher Einkünfte bei nur eingeschränkter

Verwendung für den Lebensunterhalt  eine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ

2011, 192 Rn. 21 ff. und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010,

1637 Rn. 26 ff.). In allen anderen Fällen wird durch die pauschale Bedarfsbemessung im Wege der Quotenmethode hinsichtlich aller im Rahmen des § 1578

Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigenden Umstände der Halbteilungsgrundsatz

gewahrt.

e) Danach hat die Beklagte als geschiedene Ehefrau einen Unterhaltsbedarf, der sich  auf der Grundlage  ihres Einkommens und des Einkommens

des Klägers ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe und unabhängig von

dem Unterhaltsbedarf  seiner neuen Ehefrau und des nachehelich geborenen

Kindes bemisst.

Auf dieser rechtlichen Grundlage kann bereits der Bedarf der Beklagten

nicht abschließend ermittelt werden. Denn das Oberlandesgericht hat lediglich

das Einkommen des Klägers in seiner neuen Ehe festgestellt und in konsequenter Anwendung der früheren Rechtsprechung zur Dreiteilung  bei der Bedarfsbemessung den Splittingvorteil nicht eliminiert. Der Unterhaltsbedarf ergibt

sich jedoch aus der Hälfte der nach Abzug des jeweiligen Erwerbstätigenbonus

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31- 17 -

errechneten Differenz der Einkünfte des Klägers ohne Splittingvorteil nach Abzug des Kindesunterhalts (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 -

FamRZ 2007, 1232 Rn. 29 ff.) mit dem fiktiven Einkommen der Beklagten. Auf

der Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts ist  eine solche Bedarfsermittlung nicht möglich.

3. Bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Klägers nach § 1581

BGB  sind hingegen auch  weitere Umstände zu berücksichtigen, die  nicht bereits Einfluss auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen

Lebensverhältnissen gehabt haben.

a) Auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist

der Grundsatz zu beachten, dass die Unterhaltspflicht im Hinblick auf seine allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG nicht unverhältnismäßig und

unzumutbar sein darf. Soweit dieser Grundsatz nicht bereits bei der Bemessung

des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen berücksichtigt

wurde, ist er jedenfalls bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit im Rahmen des

§ 1581 BGB zu beachten, da der eigene angemessene Unterhalt nicht geringer

sein darf als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende Betrag (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264; so auch Wellenhofer  FF 2011,

144, 147;  Borth FamRZ 2011, 445, 448 f.; Graba  FF 2011, 102, 105;

Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524 f.; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597,

598 f. und Maier FuR 2011, 182; aA Maurer FamRZ 2011, 849, 856 f.).

Übersteigt der Bedarf des Unterhaltsberechtigten den Betrag, der dem

Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt  verbleibt, liegt  somit zwischen

ihnen ein relativer Mangelfall vor, der zugleich zur Kürzung des Unterhalts des

Berechtigten und des individuellen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen führt.

Entsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit den individuellen

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33

34- 18 -

Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen als "Kehrseite" des Unterhaltsbedarfs

des Berechtigten behandelt und den angemessenen Unterhalt im Sinne von

§ 1581 BGB, bei dessen Gefährdung die Billigkeitsabwägung einzusetzen hat,

mit dem Unterhaltsbedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gleichgesetzt (Senatsurteil  BGHZ

109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264). Soweit der Senat in seiner Rechtsprechung

zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung davon abgewichen war, weil es dessen nach dieser Systematik nicht mehr bedurfte (Senatsurteil BGHZ 166, 351

= FamRZ 2006, 683 Rn. 20 ff.), hält er daran nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht fest. Diese  Änderung der früheren  Rechtsprechung hatte der Senat ausdrücklich darauf zurückgeführt, dass er zur Wahrung

des Halbteilungsgrundsatzes auch nacheheliche Änderungen bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigt hatte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung für nicht mit

dem Gesetz vereinbar erklärt hat und der Senat deswegen zu seiner früheren

Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen

Lebensverhältnissen zurückkehrt, bedarf es auch des Rückgriffs auf die frühere

Rechtsprechung zur Wahrung der Halbteilung im Rahmen des § 1581 BGB.

Erst wenn für den Unterhaltspflichtigen die Untergrenze seines eigenen

angemessenen Selbstbehalts erreicht ist (Senatsurteil BGHZ 166, 351

= FamRZ 2006, 683 Rn. 16 ff.) und somit ein absoluter Mangelfall vorliegt, wirkt

sich dies allein auf den Unterhalt der Berechtigten aus (vgl. Wendl/Gutdeutsch

Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Dann

sind die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten entsprechend der in § 1609 BGB

geregelten Rangfolge und bei Gleichrang anteilig zu kürzen.

Diese Rechtsprechung führt dazu, dass im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB auch nachehelich geborene

35

36- 19 -

minderjährige oder privilegiert volljährige Kinder vorrangig zu berücksichtigen

sind, weil deren Unterhalt nach § 1609 Nr. 1 BGB stets im ersten Rang geschuldet ist. Dass die Unterhaltspflicht für diese Kinder erst nachehelich entstanden ist, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit unerheblich, weil insoweit für

die weiteren Unterhaltsberechtigten kein Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass sich durch Wiederheirat und Gründung einer Zweitfamilie des Unterhaltspflichtigen der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nicht vergrö-

ßert und seine Unterhaltsquote nicht gekürzt wird (BT-Drucks. 16/1830 S. 24).

b) Schließlich muss der Unterhaltspflichtige nach § 1581 BGB nur insoweit Unterhalt leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und Erwerbsund Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht, wenn er nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts den vollen Unterhalt der Unterhaltsberechtigten zu zahlen. Die Leistungsfähigkeit gegenüber einzelnen Unterhaltsberechtigten hängt mithin  grundsätzlich  auch von weiteren Unterhaltsverpflichtungen als sonstigen Verpflichtungen im Sinne des § 1581 Satz 1 BGB ab.

Insoweit kann allerdings der Rang der verschiedenen Unterhaltspflichten

nicht unberücksichtigt bleiben. Dafür spricht bereits die gesetzliche Systematik,

derzufolge Kapitel 3 mit den §§ 1581 ff. BGB als "Leistungsfähigkeit und Rangfolge" bezeichnet ist. Hinzu kommt, dass die frühere gesetzliche Regelung in

§ 1582 BGB einen ausdrücklichen Bezug auf § 1581 BGB enthielt. Im Rahmen

der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen war mithin der Rang eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten zu berücksichtigen. Durch die Änderung der Rangvorschrift ist zwar der ausdrückliche Bezug auf § 1581 BGB entfallen. Dabei ist der Gesetzgeber allerdings davon ausgegangen, dass die Ursache für die Entstehung von Mangelfällen vielfach in der Heirat und der Grün-

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38- 20 -

dung einer neuen Familie nach Ehescheidung begründet liegt. Insoweit hat er

nicht mehr auf die zeitliche Priorität der Eheschließung, sondern allein auf die

Schutzbedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten abgestellt, der sich im Rang

nach § 1609 niederschlägt (BT-Drucks. 16/830 S. 22 f.). Aus der Gesetzesbegründung geht mithin hervor, dass im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeitsabwägung nach wie vor der Rang verschiedener Unterhaltsberechtigter zu berücksichtigen ist (so auch Maurer FamRZ 2011, 849, 857;

Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 601 und 2011, 772, 773, 775;

Schwamb FamRB 2011, 120, 121).

c) Die Darlegungs- und Beweislast für  seine nur eingeschränkte Leistungsfähigkeit trägt grundsätzlich der Unterhaltspflichtige (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 6 Rn. 721 ff.). Damit

trifft den Unterhaltspflichtigen auch die Darlegungs- und Beweislast für seine

"sonstigen Verpflichtungen", insbesondere für den Unterhaltsbedarf nachehelich hinzugekommener weiterer Unterhaltsberechtigter (so auch Gerhardt/

Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 f.). Im Ergebnis hatte der Senat dies bereits auf

der Grundlage seiner  früheren Rechtsprechung ausgesprochen (Senatsurteil

vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 36 mwN).

d) Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber einem geschiedenen Ehegatten wird somit auch durch sonstige vor- oder gleichrangige

Unterhaltspflichten beeinflusst. Das gilt insbesondere bei nachehelich hinzugekommenen Unterhaltspflichten für einen neuen Ehegatten oder die Mutter eines

nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l BGB.

aa)  Ist die geschiedene Ehefrau wegen langer Ehedauer oder der Betreuung eines gemeinsamen Kindes gegenüber dem hinzugetretenen Anspruch

auf Betreuungsunterhalt  der Mutter des nachehelich geborenen Kindes  nach

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41- 21 -

§ 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig, sind im Rahmen der Billigkeitsprüfung des

§ 1581 BGB grundsätzlich auch die neu hinzugekommenen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.

(1)  Der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte kann dann  nicht

mehr den vollen Unterhalt im Wege der Halbteilung verlangen, weil dem Unterhaltspflichtigen nur ein gleich hoher Betrag seines Einkommens verbliebe, der

für seinen eigenen Unterhalt und den hinzugetretenen gleichrangigen Betreuungsunterhalt zu verwenden wäre. Sowohl dem Unterhaltspflichtigen als auch

dem gleichrangig hinzugetretenen Unterhaltsberechtigten verbliebe dann deutlich weniger als dem geschiedenen Ehegatten zustünde. Dies führt zu einem

relativen Mangelfall zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem geschiedenen

Ehegatten, der zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs nach Billigkeit führen

muss.  Dem Unterhaltspflichtigen muss  im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten somit mehr als die Hälfte des Einkommens verbleiben, um auch den hinzugekommenen  Betreuungsunterhalt seines neuen Ehegatten oder einen

nachehelich entstandenen Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB erfüllen zu

können. Wenn die Instanzgerichte diese wechselseitige Beeinflussung im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des vorhandenen Gesamteinkommens lösen, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden

(so auch Borth FamRZ 2011, 445, 449; Schwamb FamRB 2011, 120, 122;

Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312;

Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598; Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 107 ff.; aA Maurer,

2011, 849, 858 f.; Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609 f. und NJW 2011, 801,

806).

42- 22 -

Einer solchen  Berücksichtigung eines gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen.  Der Entscheidung des

Bundesverfassungsgerichts (FamRZ 2011, 437) lag der Fall einer nachrangigen

zweiten Ehefrau zugrunde, während die Unterhaltsansprüche der Beklagten

und der neuen Ehefrau des Klägers hier nach § 1609 Nr. 2 BGB im gleichen

Rang stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des Senats auch nur insoweit für nicht mit dem Gesetz vereinbar erachtet, als bereits

der Unterhaltsbedarf durch nachehelich hinzugetretene weitere Unterhaltspflichten beeinflusst werden sollte.  Dabei hat das Bundesverfassungsgericht  ausdrücklich auf die  im Gesetz vorgegebene  Trennung zwischen Bedarfsbemessung einerseits sowie Leistungsfähigkeit  und Rang andererseits  abgestellt

(BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 55). Ergänzend hat das Bundesverfassungsgericht aber auch darauf hingewiesen, dass einander nachfolgende Ehen durch

Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 108, 351,

364 und 66, 84, 94 f.). Selbst wenn dadurch Modifikationen des Grundsatzes

gleicher Teilhabe nicht ausgeschlossen sind, ist der gleichrangige und gleichwertige Schutz verschiedener Ehen jedoch grundsätzlich im Rahmen der nach

§ 1581 BGB gebotenen Billigkeit zu berücksichtigen (vgl. auch  Wendl/

Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 105 ff.; Gutdeutsch/Gerhardt FamRZ 2011, 597, 598;

Maurer FamRZ 2011, 849, 851 f.). Die aus dem zeitlichen Ablauf folgende Privilegierung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten gegenüber

einem nachfolgenden Ehegatten ist für die Leistungsfähigkeit des  Unterhaltspflichtigen und die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten durch das zum

1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz  ausdrücklich abgeändert worden (BT-Drucks. 16/1830 S. 23).

43- 23 -

(2) Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber einem geschiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der Billigkeitsabwägung

eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist nach den Grundsätzen der bisherigen Senatsrechtsprechung das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (vgl. insoweit Senatsurteile BGHZ 179, 196 = FamRZ

2009, 411 Rn. 39 f. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 40 ff.).

Der  im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigende  Unterhaltsbedarf eines konkurrierenden neuen Ehegatten  ist auf der Grundlage der

Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den ehelichen Lebensverhältnissen wegen des insoweit zu beachtenden Prioritätsgrundsatzes abhängig

vom  Unterhalt einer geschiedenen Ehefrau zu bemessen (BVerfG FamRZ

2011, 437 Rn. 48, 69 f., 72; Gutdeutsch FamRZ  2011, 523, 524; Gerhardt/

Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773; Borth FamRZ 2011, 445, 447 f.; Graba

FamRZ 2010, 1131, 1135; Maurer FamRZ 2011, 849, 852; Wohlgemuth FuR

2011, 311, 312; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen

Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 428; Wendl/Gutdeutsch  aaO § 5 Rn. 807 und § 5

Rn. 107). Gegen die  abweichende Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011,

801, 806 und NJW 2011, 2609; Maier FuR 2011, 182 und Wendl/Scholz Das

Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 3 Rn. 83)  spricht

schon, dass die Annahme, dass einem nachfolgenden Ehegatten sonst lediglich

¼ des verfügbaren Einkommens verbleibe, wenn der geschiedene Ehegatte bei

der Bedarfsbemessung vorab berücksichtigt werde, so nicht zutrifft. Denn der

endgültige Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten lässt sich erst im Zusammenspiel mit der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinem

geschiedenen Ehegatten bemessen. Verbleibt dem  Unterhaltspflichtigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten ein höherer Betrag, wirkt sich dies zugleich auf den im Wege der Halbteilung zu ermittelnden Bedarf seines mit ihm

zusammenlebenden neuen Ehegatten aus.

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45- 24 -

Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in

einer neuen Ehe können auch in diesem Zusammenhang nicht allein durch eine

Absenkung des angemessenen Selbstbehalts  berücksichtigt werden, weil dies

nur den beiden Unterhaltsberechtigten in gleicher Weise  zugutekäme. Statt

dessen kann dem Vorteil des Zusammenwohnens, der für jeden Ehegatten der

neuen Ehe mit 10 % in Ansatz zu bringen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350

= FamRZ 2010, 1535 Rn. 45), dadurch  Rechnung getragen  werden, dass die

den zusammenlebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend gekürzt werden und der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten entsprechend erhöht wird (vgl. Graba FF 2011, 102, 104 und Gerhardt/Gutdeutsch

FamRZ 2011, 597, 599).  Im absoluten Mangelfall kann der Selbstbehalt aus

diesen Gründen gekürzt und bis auf sein Existenzminimum herabgesetzt werden (Senatsurteil vom 9. Januar 2008  - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594

Rn. 34 ff.).

Im Rahmen der  Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB ist in die bei

gleichrangigen Unterhaltsberechtigten mögliche Dreiteilung das gesamte unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten einzubeziehen. Das schließt auch Einkünfte aus einem nachehelichen

Karrieresprung ein, die lediglich die nachehelich hinzu getretene Unterhaltspflicht auffangen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 32 ff.).

Auch der Splittingvorteil einer neuen Ehe muss im Rahmen der Dreiteilung der

vorhandenen Einkommen bei der Leistungsfähigkeit  nicht  eliminiert werden,

weil eine gleichrangige Unterhaltspflicht  aus einer neuen Ehe regelmäßig zu

einer Kürzung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten führt (vgl.

Senatsurteile vom 14. April 2010  - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 33;

BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 47 und vom 1. Oktober 2008

- XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23 Rn. 32).

46

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bb) Ist der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten vorrangig, ist es im Rahmen

des § 1581 Satz 1 BGB erst recht geboten, diesen Unterhaltsanspruch  im

Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zu

berücksichtigen.  Allerdings führt der bei gleichrangigen Ehegatten gewählte

Weg der Dreiteilung aller vorhandenen Einkünfte  zunächst  lediglich zu einer

annähernden Angleichung der Lebensumstände der geschiedenen und der

neuen Ehefrau.

cc) Ist ein neuer Ehegatte hingegen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfä-

higkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen. In solchen Fällen ist der Unterhaltspflichtige deswegen

regelmäßig in Höhe des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen leistungsfähig. Allerdings ist ein neuer Ehegatte nur dann nach § 1609

Nr. 3 BGB nachrangig, wenn aus der neuen Beziehung kein weiteres minderjähriges Kind hervorgegangen ist, das  noch betreut werden muss.  Weil  sein

Unterhaltsanspruch im Rahmen der Unterhaltskonkurrenz mit dem geschiedenen Ehegatten nach den §§ 1581, 1609 Nr. 2 BGB als hypothetischer nachehelicher Unterhalt zu bemessen ist, ist dann ein von ihm erzielbares Einkommen

zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111

Rn. 46 ff.).

dd) Im Einzelfall erlaubt die nach § 1581 BGB gebotene Billigkeitserwä-

gung allerdings auch davon abweichende Ergebnisse, die neben dem Rang auf

weitere individuelle  Umstände gestützt werden können (vgl. insoweit

Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773 f.; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523,

525; Schwamb FamRB 2011, 120, 123 und Maier FuR 2011, 182, 184). Als

weiteres  Billigkeitskriterium ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Min-

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50- 26 -

destbedarf eines Unterhaltsberechtigten gedeckt wird (vgl. BT-Drucks. 16/1830

S. 24; Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 807).

e) Auch auf der Grundlage dieser Rechtsprechung zur Leistungsfähigkeit

des Klägers lässt sich der Rechtsstreit nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden.

Zwar kann im Rahmen der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen

Klägers gegenüber der Beklagten und seiner neuen Ehefrau, deren Unterhaltsansprüche wegen Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder nach § 1609

Nr. 2 BGB gleichrangig sind, auf das gesamte vorhandene Einkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zurückgegriffen werden (vgl.

Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 46 ff.). Gleichwohl lässt

sich auch die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten nicht

abschließend beurteilen, weil das Berufungsgericht entgegen der nach seiner

Entscheidung ergangenen Rechtsprechung des Senats nicht festgestellt hat, in

welchem Umfang ein Erwerbseinkommen der neuen Ehefrau des Klägers zurechenbar ist, obwohl diese im Hinblick auf das Alter des gemeinsamen Kindes

und den Kindergartenbesuch jedenfalls zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit

in der Lage wäre.

4. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht

zurückzuverweisen.

Das Oberlandesgericht wird zunächst  klären müssen, in welchem Umfang der neuen Ehefrau des Klägers ein eigenes Einkommen zuzurechnen ist.

Auf die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten als seiner geschiedenen Ehefrau wirkt sich dies wegen des Gleichrangs der beiden Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Dreiteilung des gesamten Einkommens  aus.

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Der Kläger verfügt über Einkünfte, die auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit

nach Abzug des um das hälftige Kindergeld herabgesetzten Mindestunterhalts

für beide Kinder (vgl. insoweit Senatsurteile vom 2. Juni 2010 - XII ZR 160/08 -

FamRZ 2010, 1318 Rn. 28 f. und vom  27. Mai 2009  - XII ZR 78/08 - FamRZ

2009, 1300 Rn. 48 ff.; vgl. auch BVerfG FamRZ 2011, 1490 Rn. 32 ff.) den Mindestbetrag seines angemessenen Selbstbehalts, der in der Rechtsprechung der

Oberlandesgerichte bis Ende 2010 mit 1.000 € bemessen wurde und seitdem

1.050 € beträgt (vgl. insoweit Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683,

684 f.), übersteigen. Es verbleibt mithin ein für die nach § 1609 Nr. 2 BGB

gleichrangigen Unterhaltsberechtigten verteilungsfähiges Einkommen, dessen

Aufteilung auf die Beklagte und die neue Ehefrau des Klägers nach den bisherigen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht möglich ist.