Scheidungsrecht Rechtsprechung: Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Ehevertrag, Düsseldorfer Tabelle

BGH: Grundsatzentscheidung zum Elternunterhalt

Der Unterhalt der Kinder gegenüber Ihren bedürftigen Eltern

BGB §§ 1601, 1602 Abs. 1, 1603 Abs. 1

SGB XII §§ 35 Abs. 2 S. 1, 133a

1. Verfügt der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte als sein Ehegatte, ist die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt in der Regel wie folgt zu ermitteln: Von dem Familieneinkommen wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht. Das verbleibende Einkommen wird um die Haushaltsersparnis vermindert. Die Hälfte des sich ergebenden Betrages kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zu Gute. Zu dem zu bemessenden individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Familienunterhalt einsetzen.

2. Die Haushaltsersparnis, die bezogen auf das dem Familienselbstbehalt übersteigende Familieneinkommen eintritt, ist regelmäßig mit 10 % dieses Mehreinkommens zu bemessen.

3. Aufwendungen für eine Hausrats- und Haftpflichtversicherung sind auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht als vorweg abziehbare Verbindlichkeiten zu behandeln.

4. Ist der Unterhaltspflichtige vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten, können Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung weiterhin abzugsfähig sein.

5. In Höhe des dem Unterhaltsberechtigten sozialrechtlich gewähren angemessenen Barbetrages (§ 35 Abs. 2 S. 1 SGB XII) sowie des Zusatzbarbetrages (§ 133a SGB XII) ist auch unterhaltsrechtlich ein Bedarf anzuerkennen.

BGH, Urteil vom 28.07.2010 – XII ZR 140/07 – OLG Düsseldorf

Entscheidungsgründe

Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die 1915 geborene pflegebedürftige Mutter des Beklagten lebt seit Juli 2000 in einem Seniorenzentrum. Da sie die Kosten des Heimaufenthaltes aus ihren Renteneinkünften sowie den Leistungen der Grundsicherung und der Pflegeversicherung nur teilweise aufbringen konnte, gewährte ihr der Kläger ergänzende Sozialhilfe. Durch Rechtswahrungsanzeige vom 26. 7. 2000 wurde der Beklagte von der Hilfeleistung unterrichtet.

Der Beklagte befindet sich seit dem 1. 7. 2004 in Ruhestand und erhält Versorgungsbezüge. Seine Ehefrau war bis Dezember 2005 erwerbstätig; seit 2006 bezieht sie Rentenleistungen. Die Ehegatten bewohnen eine Eigentumswohnung. Neben dem Beklagten sind noch zwei Brüder der Mutter unterhaltsverpflichtet.

Das AmtsG und das OLG haben den Beklagten zu unterschiedlichen Unterhaltszahlungen verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers, mit der er höheren Unterhalt begehrt, hat teilweise Erfolg.

Der BGH hat sich zunächst damit befasst, ob und in welcher Höhe der hilfebedürftigen Mutter ein Barbetrag nach SGB XII und ein Zusatzbarbedarf gemäß § 133a SGB XII zusteht. Dazu wird Folgendes ausgeführt:

»[15] ... Falls der Hilfeempfänger einen Teil der Kosten des Heimaufenthalts selbst trug, erhielt er einen zusätzlichen Barbetrag in im Einzelnen festgelegter Höhe nach § 21 Abs. 3 S. 4 BSHG. § 35 Abs. 2 S. 1 SGB XII sieht ebenfalls im Rahmen des notwendigen Lebensunterhalts einen angemessenen Barbetrag vor. Darüber hinaus wird auf Grund der Besitzstandsregelung des § 133a SGB XII für Personen, die am 31. 12. 2004 Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 S. 4 BSHG hatten, diese Leistung in der für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter erbracht. Hierdurch sollen Härten für bisherige Leistungsempfänger aufgefangen werden, da die Regelung über den Zusatzbarbetrag nicht in das Sozialgesetzbuch XII aufgenommen worden ist (Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm SGB XII 17. Aufl. § 133 Rdn. 1). Der Barbetrag dient in erster Linie der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens, die nicht von der Einrichtung gedeckt werden (W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm aaO § 35 Rdn. 15; Grube in Grube/Wahrendorf SGB XII 2. Aufl. § 35 Rdn. 6). Durch den Zusatzbarbetrag werden letztlich die Personen etwas besser gestellt, die aus ihren Einkünften zu den Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung beitragen können.«

Sodann hat der BGH ausgeführt, dass dieser Barbedarf auch unterhaltsrechtlich als Bedarf anzuerkennen ist. Dazu wird Folgendes erwogen:

»[16] ... In Höhe des Barbetrags und des Zusatzbarbetrags ist auch unterhaltsrechtlich ein Bedarf anzuerkennen. Der in einem Heim lebende Unterhaltsberechtigte ist darauf angewiesen, für seine persönlichen, von den Leistungen der Einrichtung nicht umfassten Bedürfnisse über bare Mittel verfügen zu können. Andernfalls wäre er nicht in der Lage, etwa Aufwendungen für Körper- und Kleiderpflege, Zeitschriften und Schreibmaterial zu bestreiten und sonstige Kleinigkeiten des täglichen Lebens zu finanzieren (Senatsurteile vom 7. 7. 2004 – XII ZR 272/04 – FamRZ 2004, 1370, 1371 f und vom 15. 10. 2003 – XII ZR 122/00 – FamRZ 2004, 366, 369 mwN).

[17] In Höhe des Zusatzbarbetrags hat das Berufungsgericht einen Bedarf mit der Begründung bejaht, ein Leistungsempfänger, der die Heimkosten teilweise selbst aufbringen könne, habe bereits in der Vergangenheit regelmäßig über ein Einkommen verfügt, das ihm einen gehobeneren Lebensstandard ermöglicht habe. Von den bisherigen Lebensverhältnissen werde auch der Bedarf im Heim geprägt. Diese tatrichterliche Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.«

Anschließend hat sich der BGH mit der Leistungsfähigkeit des Beklagten auseinandergesetzt und zunächst geprüft, ob die Aufwendungen für Hausratversicherung und die Haftpflichtversicherung in dem Selbstbehalt enthalten sind, oder aber als Abzugsposten bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen sind. Der BGH hat sich dem ersteren angeschlossen, weil es sich um geringfügige Beträge handelt. Dazu wird Folgendes ausgeführt:

»[22] ... Die Aufwendungen für eine Hausratsversicherung sind schon wegen ihrer in der Regel geringen Höhe dem allgemeinen Lebensbedarf zuzuordnen und nicht als vorweg abziehbare Verbindlichkeiten zu behandeln. Das gilt gleichermaßen bezüglich der Prämien für eine private Haftpflichtversicherung (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 1018 f). Insofern sind auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt keine anderen Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Unterhaltsrechtsverhältnissen (so auch Eschenbruch/Klinkhammer Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 5 Rdn. 72 f; vgl. auch Hauß Elternunterhalt: Grundlagen und Strategien 2. Aufl. Rdn. 217). Soweit vertreten wird, Belastungen, die die Lebensstellung vor der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt geprägt hätten (etwa Hausrats-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen), seien unterhaltsrechtlich anzuerkennen (vgl. etwa OLG Köln FamRZ 2002, 575 f), kann dieser Auffassung nicht mehr gefolgt werden.«

Anschließend hat sich der BGH mit der Altersversorgung des Beklagten auseinandergesetzt und diese als grundsätzlich anerkennenswert behandelt. Dazu hat er Folgendes ausgeführt:

»[25] ... Nach ständiger Rechtsprechung des Senats darf einem Unterhaltspflichtigen auch nicht mit dem Hinweis auf eine Beeinträchtigung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit die Möglichkeit genommen werden, über die primäre Altersvorsorge hinaus, wie sie etwa durch die gesetzliche Rentenversicherung oder die Beamtenversorgung erfolgt, zusätzliche Altersvorsorge zu treffen. Denn seit einigen Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die primäre Vorsorge in Zukunft nicht mehr für eine angemessene Altersversorgung ausreichen wird, sondern zusätzlich private Vorsorge zu treffen ist. Die eigene angemessene Altersvorsorge geht der Sorge für den Unterhaltsberechtigten aber grundsätzlich vor; das gilt jedenfalls dann, wenn dem Unterhaltspflichtigen – wie bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt – vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessen Unterhalts gewährleistet wird (Senatsurteile vom 14. 1. 2004 – XII ZR 149/01 – FamRZ 2004, 792, 793 und BGHZ 169, 59, Tz. 29 f = FamRZ 2006,1511, 1514).«

Sodann hat er sich allerdings mit der Frage befasst, ob ein anderes Ergebnis deshalb gerechtfertigt ist, weil sich der Beklagte im Ruhestand befindet und aus diesem Grunde Versorgungsrücklagen nicht mehr gebildet werden können. Dies hat der BGH jedoch verworfen, weil der Beklagte erst mit dem 60. Lebensjahr in den Ruhestand getreten ist und die Möglichkeit haben muss, bis zum 65. Lebensjahr eine zusätzliche Altersversorgung aufzubauen. Ausgeführt wird dazu Folgendes:

»[26] ... Dass trotzdem zu Lasten der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit weiterhin Versorgungsrücklagen gebildet werden können, dürfte grundsätzlich dann zu verneinen sein, wenn ein nicht selbstständig Erwerbstätiger mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze, auf die die Vorsorgemaßnahmen häufig auch ausgelegt sein dürften, in den Ruhestand tritt. Das kann hier aber dahinstehen. Der Beklagte hat seine Erwerbstätigkeit im Alter von 60 Jahren beendet, ohne dass der Kläger ihm einen Verstoß gegen eine Erwerbsobliegenheit angelastet hätte. Im Hinblick auf das Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis kann er keine weiter gehende primäre Altersversorgung erlangen. Dann kann ihm aber nicht verwehrt werden, jedenfalls seine zusätzliche Altersvorsorge bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszubauen. Hinzu kommt, dass bei der Ehefrau des Beklagten offensichtlich eine erhebliche Versorgungslücke vorliegt, da sie – seit dem 1. 1. 2006 – Altersrente für Frauen von nur 237,52 € monatlich bezieht. Auch dieser Umstand verdeutlicht einen zusätzlichen Vorsorgebedarf.«

Sodann hat er ausgeführt, dass beim Elternunterhalt 5 % des Jahresbruttoeinkommens als zusätzliche Altersversorgung angemessen erscheinen. Dies wird wie folgt dargelegt:

»[27] Die Höhe der Vorsorgeaufwendungen übersteigen mit 74,03 € monatlich den für die Zusatzvorsorge maßgeblichen Umfang von 5 % des Jahresbruttoeinkommens des Beklagten (rund 28 000 €) nicht, so dass gegen die unterhaltsrechtliche Anerkennung keine Bedenken bestehen (vgl. Senatsurteil vom 14. 1. 2004 – XII ZR 149/01 – FamRZ 2004, 792, 793). ...«

Anschließend hat der BGH noch den hälftigen Wohnvorteil dem Einkommen des Beklagten zugerechnet und sich sodann mit der weiteren Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Ehefrau befasst. Dabei hat er es gebilligt, dass der Familienunterhalt gemäß §§ 1360, 1360a BGB in einen Geldanspruch umzurechnen ist, wenn er in Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen steht. Dazu heißt es wie folgt:

»[30] ... Zu den zu berücksichtigenden sonstigen Verpflichtungen des Beklagten gehört auch die Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau, da diese kein ihren Unterhaltsbedarf deckendes Einkommen erzielt. Der Beklagte schuldet ihr deshalb Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360a BGB. Auch wenn dieser Unterhaltsanspruch nicht ohne Weiteres nach den bei Trennung und Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen werden kann, weil er nicht auf die Gewährung einer frei verfügbaren Geldrente, sondern darauf gerichtet ist, dass jeder Ehegatte seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend der in der Ehe übernommenen Funktion leistet, ist es rechtlich unbedenklich, den Anspruch im Fall der Konkurrenz mit anderen Ansprüchen auf die einzelnen Familienmitglieder aufzuteilen und in Geld zu veranschlagen. Denn das Maß des Familienunterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so dass § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen und der anzusetzende Betrag insoweit in gleicher Weise wie der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ermittelt werden kann (Senatsurteile vom 19. 2. 2003 – XII ZR 67/00 – FamRZ 2003, 860, 864; vom 22. 1. 2003 – XII ZR 2/00 – FamRZ 2003, 363, 366 f; vom 20. 3. 2002 – XII ZR 216/00 – FamRZ 2002, 742; vom 18. 10. 2000 – XII ZR 191/98 – FamRZ 2001, 1065, 1066 und vom 25. 6. 2003 – XII ZR 63/00 – FamRZ 2004, 186, 187). ...«

Hervorgehoben hat der BGH, dass sich der Unterhaltsbedarf des Ehegatten nicht auf einen bestimmten Mindestbedarf beschränkt, sondern individuell auf Grund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu ermitteln ist. Dabei geht der BGH davon aus, dass ein Vorwegabzug des Elternunterhalts in unteren und mittleren Einkommensbereichen, bei denen eine Quotenberechnung in Betracht kommt, unterbleiben kann, weil anders das vorrangige Ziel, den angemessenen Unterhalt des Ehegatten zu gewährleisten, nicht erreicht werden kann. Dazu heißt es wie folgt:

»[30] ... Die Berechnung darf sich dabei nicht auf einen bestimmten Mindestbedarf beschränken, sondern hat von den individuell ermittelten Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen. Auf die – Veränderungen unterliegenden – Lebensverhältnisse können sich auch Unterhaltsansprüche nachrangig Berechtigter auswirken und zu einer Einschränkung des Bedarfs der Ehegatten führen. Insofern wird allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Vorwegabzug des Elternunterhalts in unteren und mittleren Einkommensbereichen des Unterhaltspflichtigen, bei denen eine Quotenberechnung in Betracht kommt, unterbleiben kann, denn andernfalls kann das vorrangige Ziel, den angemessenen Unterhalt des Ehegatten zu gewährleisten, nicht erreicht werden (Eschenbruch/Klinkhammer aaO Kap. 2 Rdn. 82 a.E.).«

Bei der Unterhaltsbemessung im Hinblick auf den Familienunterhalt hat der BGH insbesondere hervorgehoben, dass die gemeinsame Haushaltsführung der Ehegatten zu Ersparnissen führt, die mit wachsendem Lebensstandard steigt und deswegen bei höheren Einkünften berücksichtigt werden muss. Dazu heißt es wie folgt:

»[31] Bei der Unterhaltsbemessung ist die durch die gemeinsame Haushaltsführung der Ehegatten eintretende Ersparnis zu berücksichtigen, die mit wachsendem Lebensstandard in der Regel steigt (vgl. Senatsurteil vom 14. 1. 2004 – XII ZR 149/01 – FamRZ 2004, 792, 793).«

Zunächst hat der BGH sich mit der Berechnung in dem angefochtenen Urteil befasst, in dem die Haushaltsersparnis mit 14 % des Familieneinkommens angesehen wurde und der auf den gemeinsamen Einkünften beruhende Bedarf um diese 14 % des Familieneinkommens gesenkt wurde, wobei anschließend nach Durchführung der Halbteilung die Haushaltsersparnis als Einkommensbestandteil wiederum dem Pflichtigen zugerechnet wurde. Dies ergab in dem angefochtenen Urteil folgende Berechnung, die der BGH aufgegriffen hat:

»[34] In Zahlen verdeutlicht ergibt sich folgende Berechnung (Beispiel nach Eschenbruch/Klinkhammer aaO 2. Kap. Rdn. 86):

<colgroup><col width="460" /><col width="115" /></colgroup>
Einkommen des Unterhaltspflichtigen3 000 €
+ Einkommen der unterhaltsberechtigten Ehefrau1 000 €
Familieneinkommen4 000 €
Familienbedarf (86 % des Familieneinkommens bei 14 % Haushaltsersparnis, s. oben)3 440 €
Anteil des Unterhaltspflichtigen (1/2)1 720 €
+ Haushaltsersparnis aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen (14 %)420 €
 2 140 €
Abzüglich Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen (ab Juli 2005)1 400 €
verbleiben740 €

1/2 hiervon = 370 € sind für den Elternunterhalt einsetzbar«

Dieses Ergebnis hat der BGH jedoch verworfen. Er geht davon aus, dass mit steigendem Einkommen eine erhöhte Haushaltsersparnis zu berücksichtigen ist. Dazu wird Folgendes ausgeführt:

»[37] ... Als angemessen kann eine Verteilung nur dann angesehen werden, wenn sie die durch die gemeinsame Haushaltsführung der Ehegatten eintretende Ersparnis, die mit wachsendem Lebensstandard regelmäßig steigt, in einer Weise berücksichtigt, dass hieraus auch eine höhere Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen folgt. Das ist auch der Berechnungsweise des OLG Hamm (FamRZ 2008, 1650, 1651) entgegen zu halten, die eine über die Differenz der Selbstbehaltsbeträge hinausgehende Ersparnis nicht pauschal, sondern nur bei konkreter Feststellung im Einzelfall berücksichtigt. Das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis entspricht den vorgenannten Anforderungen ebenfalls nicht.«

Aus diesem Grunde hält der BGH es für erforderlich, das für den Elternunterhalt einsetzbare Einkommen in der Weise zu ermitteln, dass zunächst auf Grund der gemeinsamen Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten und seines Ehegatten das Familieneinkommen bestimmt wird. Von diesem Familieneinkommen wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht, der sich aus den Leitlinien ergibt. Das nach Deckung dieses Familienselbstbehalts verbleibende Einkommen ist sodann um weitere 10 % für die Haushaltsersparnis zu senken, um der steigenden Ersparnis Rechnung zu tragen. Von dem dann verbleibenden Einkommen ist die Hälfte für den Familienunterhalt einzusetzen, so dass der individuelle Familienbedarf sich aus dieser Hälfte zuzüglich des Familienselbstbehalts zusammensetzt. An diesem Familienbedarf muss sich der Unterhaltspflichtige im Verhältnis der beiderseitigen Einkünfte beteiligen. Das restliche Einkommen ist sodann für den Elternunterhalt einsetzbar. Insgesamt stellt sich dann die Berechnung wie folgt dar:

»[39] ... Der Senat hält es in der Regel für angemessen und sachgerecht, bei der Fallgestaltung, in der der Unterhaltspflichtige über höhere Einkünfte verfügt als sein Ehegatte, die Leistungsfähigkeit wie folgt zu ermitteln:

[40] Von dem zusammengerechneten Einkommen der Ehegatten (Familieneinkommen) wird der Familienselbstbehalt in Abzug gebracht. Das verbleibende Einkommen wird zur Ermittlung des für den individuellen Familienbedarf benötigten Betrages um eine in der Regel mit 10 % zu bemessende Haushaltsersparnis vermindert (s. dazu unten 7 b bb). Die Hälfte des sich ergebenden Betrages kommt zuzüglich des Familienselbstbehalts dem Familienunterhalt zugute. Zu dem so bemessenen individuellen Familienbedarf hat der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen. Für den Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Familienunterhalt einsetzen.

[41] An einem Beispiel verdeutlicht ergibt sich folgende Berechnung:

<colgroup><col width="460" /><col width="115" /></colgroup>
Einkommen des Unterhaltspflichtigen3 000,00 €
Einkommen der unterhaltsberechtigten Ehefrau1 000,00 €
Familieneinkommen4 000,00 €
abzüglich Familienselbstbehalt2 450,00 €
 1 550,00 €
abzüglich 10 % Haushaltsersparnis155,00 €
 1 395,00 €
davon 1/2697,50 €
+ Familienselbstbehalt2 450,00 €
individueller Familienbedarf3 147,50 €

⇓  Jahr: 2010   Heft: 11   Seite: 641  ⇓

<colgroup><col width="460" /><col width="115" /></colgroup>
Anteil des Unterhaltspflichtigen (75 %)2 360,63 €
Einkommen des Unterhaltspflichtigen3 000,00 €
abzüglich2 360,63 €
für den Elternunterhalt einsetzbar639,37 €

[42] Vereinfachend kann der individuelle Familienbedarf auch durch Addition des Familienselbstbehalts (im Beispiel: 2 450 €) und eines Betrages in Höhe von 45 % des um den Familienselbstbehalt bereinigten Gesamteinkommens der Ehegatten (im obigen Beispiel: 45 % von 1 550 € = 697,50 €) errechnet werden.«

Die 10 %ige Haushaltsersparnis leitet der BGH letztlich aus den Regelungen des Sozialrechtes ab und führt dazu Folgendes aus:

»[44] ... Die Bemessung der Haushaltsersparnis leitet der Senat nicht aus dem Verhältnis der unterschiedlichen Selbstbehaltsbeträge ab. Dieses Verhältnis kann zum einen Veränderungen unterliegen; zum anderen erscheint es in seiner Aussagekraft hinsichtlich des Umfangs der Haushaltsersparnis, die wegen des den Familienselbstbehalt übersteigenden Einkommens eintritt, nicht zwingend. Nahe liegend ist es vielmehr, in Anlehnung an die Regelungen im Sozialrecht auf eine Haushaltsersparnis von 10 % abzustellen.«

Ferner geht der BGH davon aus, dass nach wie vor die Hälfte des über dem Familienbedarf hinausgehende Einkommen für den Elternunterhalt einsetzbar ist. Dazu wird Folgendes erwogen:

»[46] ... Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, wenn das unter Berücksichtigung von Familienselbstbehalt und Haushaltsersparnis verbleibende Einkommen des Unterhaltspflichtigen zur Hälfte für den individuellen Familienbedarf und zur anderen Hälfte als für den Elternunterhalt verfügbar in Ansatz gebracht wird. Danach ist es – auch aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität – grundsätzlich zu billigen, wenn bei der Ermittlung des für den Elternunterhalt einzusetzenden Einkommens allein auf einen etwa hälftigen Anteil des Betrages abgestellt wird, der den Mindestbedarf übersteigt (vgl. 4b).«

Sodann berechnet der BGH in gleicher Weise das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen der Brüder des Beklagten und bildet auf Grund der für Unterhaltszwecke einsetzbaren Einkünfte der Geschwister die Haftungsquote.

Praxishinweis

Bemerkenswert ist zunächst, dass der BGH zu einer großen Vereinfachung greift, indem er pauschal erklärt, dass bei einfachen und mittleren Einkünften der Elternunterhalt nicht als bedarfsprägend zu berücksichtigen ist, weil ansonsten der angemessene Bedarf des bevorrechtigten Ehegatten beeinträchtigt ist. Diese Ausführungen sind deswegen bedenklich, weil der BGH bisher ausgeführt hat, dass ein Vorwegabzug einer nachrangigen Unterhaltsverpflichtung nur dann nicht in Betracht kommt, wenn der Mindestbedarf des bevorrechtigten Ehegatten beeinträchtigt ist. Dies prüft der BGH im vorliegenden Fall gar nicht. Dies ist um so bedenklicher, als im vorliegenden Fall noch Haftungsquoten zu bilden sind und die Beteiligung der unterhaltsverpflichteten verheirateten Brüder wesentlich geringer ist, als wenn sie allein barunterhaltspflichtig wären. Letztlich geht es um Beträge die weit unter 150 € liegen. Aus welchem Grunde diese die ehelichen Lebensverhältnisse bei einem Familieneinkommen von rund 2 900 € nicht prägen sollten, ist nicht einleuchtend.

Ferner geht der BGH davon aus, dass die Vorteile des Zusammenlebens nicht ausschließlich in der Differenz zwischen dem Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen und dem Mindestbedarf des mit ihm zusammenlebenden Ehegatten liegen, sondern mit dem Familieneinkommen steigen. Je höher dieses ist, desto höher der Selbstbehalt. Der BGH bemisst den Selbstbehalt mit 10 % des Familieneinkommens, das nach Abzug des Familienselbstbehalts verbleibt. Im vorliegenden Fall beträgt der Familienselbstbehalt entsprechend den Leitlinien zur Zeit 2 450 €, nämlich 1 400 € für den Unterhaltspflichtigen und 1 050 € für den mit ihm zusammen lebenden Ehegatten. In diesem Familienselbstbehalt sind die Ersparnisse durch die gemeinsame Haushaltsführung bereits enthalten. Aus diesem Grunde setzt der BGH diese auch nur bei den darüber hinausgehenden Einkünften an. Anlehnend an das Sozialrecht bemisst er die Ersparnisse mit 10 % des verbleibenden Einkommens. Dabei geht er davon aus, dass sich jeder Ehegatte im Verhältnis seiner Einkünfte an dem individuellen Familienbedarf beteiligen muss. Das dann noch verbleibende Einkommen ist für den Elternunterhalt einsetzbar. Der Familienbedarf bemisst sich dabei zum einen nach dem Familienselbstbehalt und zum anderen nach der Hälfte des darüber hinausgehenden Einkommens, das – wie ausgeführt – durch die 10 %ige Haushaltsersparnis bereinigt ist.

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