BGH Urteil vom 08.05.2013 - FamRZ 2013, 1295-1298:
Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft:Ausgleichsansprüche wegen finanzieller Zuwendungen
Nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommen Ausgleichsansprüche wegen finanzieller Zuwendungen (hier: Darlehensraten) des einen Partners für den Erwerb und Umbau eines im Alleineigentum des anderen Partners stehenden Wohnhauses grundsätzlich insoweit nicht in Betracht, als die Leistungen nicht deutlich über die Miete hinausgehen, die für vergleichbaren Wohnraum aufzuwenden wäre.
I. Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ausgleichsansprüche nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien geltend.
Die Parteien lebten von 1995 an in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Ende 1996 erwarb die Beklagte eine Immobilie zu einem Kaufpreis von 64.000 DM zu Alleineigentum. Zur Finanzierung nahm sie einen Kredit in Höhe von 80.000 DM auf. An der Immobilie wurden in der Folgezeit erhebliche Renovierungsarbeiten durchgeführt, außerdem wurde ein Anbau errichtet. An den Arbeiten wirkte der Kläger mit. Die Parteien, die zunächst bei der Mutter der Beklagten gewohnt hatten, zogen 1998 in das Haus ein. Bis Oktober 2000 floss das Gehalt des vollschichtig erwerbstätigen Klägers auf das Konto der Beklagten, von dem die Kreditrate für die Immobilie in Höhe von monatlich 340 € bezahlt wurde. Ab November 2000 unterhielt der Kläger ein eigenes Konto, von dem er bis einschließlich Dezember 2004 monatlich 409,03 € auf das Konto der Beklagten überwies. Anfang 2005 kam es nach der Trennung der Parteien zum Auszug des Klägers aus dem Haus.
Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung von 65.537,55 € nebst Zinsen begehrt. Er hat geltend gemacht, das Haus habe als Familienheim genutzt werden sollen. Die Parteien seien sich aber einig gewesen, die Kreditkosten jeweils hälftig zu tragen. In der Zeit von Januar 1997 bis Dezember 2004 habe er die Kreditrate allein gezahlt. Außerdem habe er erhebliche Renovierungsarbeiten an dem Haus durchgeführt. Insofern habe er mindestens 1.900 Stunden aufgewandt, für die ein Stundenlohn von 15 € anzusetzen sei, da er gelernter Tischler sei. Für Baumaterial habe er Aufwendungen in Höhe von 10.491,71 € getätigt. Aufgrund seiner Leistungen sei der Wert des Hauses auf mindestens 110.000 € gestiegen.
Die Beklagte hat vorgetragen, bei den Zahlungen des Klägers habe es sich um dessen Beitrag zu den Lebenshaltungskosten gehandelt. An den Renovierungsarbeiten habe er sich nur in sehr geringem Umfang beteiligt und an Material allenfalls Kleinteile finanziert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren in Höhe von 43.266,95 € nebst Zinsen weiterverfolgt hat, ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich seine zugelassene Revision.
II. Entscheidungsgründe
1. Ein Ausgleichsanspruch nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft besteht nicht. Ein Ausgleich nach den §§ 730 ff. BGB kann in Betracht kommen, wenn die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen Gesellschaftsvertrag geschlossen haben. Eine rein faktische Willensübereinstimmung reicht für eine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilende Zusammenarbeit dagegen nicht aus. Die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Regeln kann in Frage kommen, wenn die Partner die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb oder dem Umbau einer Immobilie einen - wenn auch nur wirtschaftlich - gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam genutzt, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte. Die Voraussetzungen, unter denen ein gesellschaftsrechtliches Zusammenwirken der Partner in Betracht zu ziehen ist, liegen hier nicht vor. Wenn die Parteien, wie hier, einen Zweck verfolgen, der nicht über die Verwirklichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht, bestehen grundsätzlich Zweifel an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen. Denn in diesem Punkt haben die Partner regelmäßig keine über die Ausgestaltung ihrer Gemeinschaft hinausgehenden rechtlichen Vorstellungen.
2. Des Weiteren kommt ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht, soweit gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft werde Bestand haben.
Die Rückabwicklung hat allerdings nicht zur Folge, dass sämtliche Zuwendungen bei Scheitern der Beziehung auszugleichen wären. Auszuscheiden sind zunächst die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ohne die Erwartung des Fortbestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen. Ebenso zu beurteilen sind die Leistungen desjenigen Partners, der nicht zu den laufenden Kosten beiträgt, sondern größere Einmalzahlungen erbringt. Er kann insofern nicht bessergestellt werden als derjenige Partner, dessen Aufwendungen den täglichen Bedarf decken oder der sonst erforderlich werdende Beiträge übernimmt.
Als gemeinschaftsbezogene Zuwendungen kommen die Leistung der monatlichen Kreditraten
sowie die Bezahlung von Baumaterial in Betracht. Bei der Abwägung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Zuwendungen zurückerstattet oder Arbeitsleistungen ausgeglichen werden müssen, ist zu berücksichtigen, dass der Partner es einmal für richtig erachtet hat, dem anderen diese Leistungen zu gewähren. Ein korrigierender Eingriff ist grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der durch die Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist. Insofern ist es sachgerecht, auf den Maßstab der Unbilligkeit zurückzugreifen, der für den Ausgleich von Zuwendungen unter Ehegatten gilt, die im Güterstand der Gütertrennung leben. Das Merkmal der Unbilligkeit impliziert zugleich, dass ein Ausgleich nur wegen solcher Leistungen in Betracht kommt, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt. Maßgebend ist eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls.
Ob und gegebenenfalls inwieweit ein Anspruch besteht, hängt mithin insbesondere von der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Alter der Parteien, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, der Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ab.
Danach hat das Berufungsgericht zu Recht in seine Beurteilung einbezogen, dass die Höhe der monatlichen Darlehensraten nach den getroffenen Feststellungen die für gemieteten Wohnraum aufzubringende Miete nicht deutlich überstiegen hätte. In dieser Größenordnung sind Wohnkosten aber zu dem Aufwand zu rechnen, den die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt und der deshalb von einem Ausgleich auszunehmen ist. Dem steht nicht entgegen, dass mit der Zahlung der Kreditraten ein Vermögenszuwachs bei der Beklagten eingetreten ist. Dieser betrifft allein den in den monatlichen Raten enthaltenen Tilgungsanteil
Hinsichtlich der Arbeitsleistungen handelt es sich zwar nicht um gemeinschaftsbezogene Zuwendungen in dem vorgenannten Sinne. Derartige Leistungen können begrifflich nicht als Zuwendung angesehen werden, weil es nicht zu einer Übertragung von Vermögenssubstanz kommt. Gleichwohl können Arbeitsleistungen nach dem Scheitern einer Lebensgemeinschaft zu Ausgleichsansprüchen führen, weil sie wirtschaftlich betrachtet ebenso eine geldwerte Leistung darstellen wie die Übertragung von Vermögenssubstanz.
Es kann deshalb davon auszugehen sein, dass Arbeitsleistungen nach einer stillschweigenden Übereinkunft mit dem anderen Partner zur Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft erbracht werden und darin ihre Geschäftsgrundlage haben. Das kann in Betracht kommen, wenn die Arbeitsleistungen erheblich über bloße Gefälligkeiten oder das, was das tägliche Zusammenleben erfordert, hinausgehen und zu einem messbaren und noch vorhandenen Vermögenszuwachs des anderen Partners geführt haben.
3. Zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommt auch ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung in Betracht, soweit Leistungen in Rede stehen, die über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht und die bei einem oder beiden Partnern zur Bildung von der Beendigung der Lebensgemeinschaft überdauernden Vermögenswerten geführt haben. Dabei gilt es, auszugleichende Leistungen feststellen zu können.
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