Scheidungsrecht Rechtsprechung: Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Ehevertrag, Düsseldorfer Tabelle

Kindesunterhalt und Freiwilligendienst

Viele junge Menschen, meistens zwischen 16 und 27 Jahren, können einen Freiwilligendienst (Jugendfreiwilligendienst oder Bundesfreiwilligendienst) in Form eines Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahres im In- und Ausland im Zeitraum von 6 bis höchstens 24 Monaten absolvieren, bei welchem sie entsprechend eine Vergütung in Form von Sachleistungen oder Geldzahlungen erhalten. Ziel des Jugendfreiwilligendienstes ist es, soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken. Die Freiwilligen sollen neben beruflicher Orientierung und Arbeitserfahrung auch wichtige personale und soziale Kompetenzen erwerben, die als Schlüsselkompetenzen die Arbeitsmarktchancen verbessern können.

 

In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage, ob während der Absolvierung eines Dienstes eine Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern besteht.

 

Grundsätzlich haben sowohl minderjährige als auch volljährige Kinder gegenüber ihren Eltern einen Anspruch auf Kindesunterhalt. Nach dem Grundsatz der Eigenverantwortung haben volljährige Kinder jedoch eine Verpflichtung zur Sicherstellung des eigenen Bedarfs, vorausgesetzt sie befinden sich nicht in der allgemeinen Schulausbildung und auch nicht in allgemeiner Berufsausbildung. Sobald also ein Schulabschluss oder eine Berufsausbildung vorhanden ist, müssen volljährige Kinder selbst für ihren Lebensunterhalt durch Arbeit sorgen. Aber auch minderjährige Kinder außerhalb einer (Schul-) Ausbildung sind nicht bedürftig, wenn sie sich selbst finanziell unterhalten können. Sie sind dann verpflichtet, selbst Erwerbseinkünfte zu erzielen. 

 

Leistet also ein minderjähriges oder volljähriges Kind seinen Freiwilligendienst nach einem Schulabschluss oder nach einer Berufsausbildung ab, kommt nur dann ein fortbestehender Unterhaltsbedarf in Betracht, wenn der Freiwilligendienst als Ausbildung zu qualifizieren ist:

 

  • Notwendig ist ein Bezug der während des Freiwilligendienstes ausgeübten Tätigkeit zu einer anschließend angestrebten Ausbildung oder zum Studium oder die Notwendigkeit und Nützlichkeit einer längeren Orientierungsphase nach einem Schulabschluss beispielsweise.
  • Ist der Freiwilligendienst für eine spätere Ausbildung anrechnungsfähig oder sogar Voraussetzung, ist von einem Ausbildungscharakter des ausgeübten Tätigkeit auszugehen.
  • Bei guter Begründung, wie der Lernzielorientierung während des Freiwilligendienstes oder des Erwerbs von Kompetenzen für den späteren Beruf, kann auch in anderweitigen Fällen, wenn der Freiwilligendienst keine zwingende Voraussetzung für einen bereits beabsichtigten weiteren Ausbildungsweg ist, von einem Ausbildungscharakter ausgegangen werden.
  • Die Absolvierung eines Freiwilligendienstes im Rahmen einer Gesamtausbildung zu einem Beruf kann auch dann als ein angemessener Ausbildungsschritt anzusehen sein, wenn bei Beginn dieses Ausbildungsabschnitts noch nicht feststeht, ob die Ausbildung später tatsächlich in einen sozialen Beruf münden und sich der Freiwilligendienst konkret auszahlen wird.

 

 

 

 

 

Welchen Bedarf der Kinder haben die in Anspruch genommenen Eltern demnach zu tragen?

 

Der Unterhaltsbedarf umfasst grundsätzlich die gesamten Kosten einer Ausbildung, wozu auch der Bedarf des täglichen Lebens zählt, wie die Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Reinigung, Kleidung, Ferien und Hausrat.

 

Im Rahmen eines Freiwilligendienstes erhalten die Absolventen eine unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung sowie ein angemessenes Taschengeld oder entsprechende Geldersatzleistungen.

 

Kommt es zu einer vollständigen Bedarfsdeckung durch die Leistungen des Trägers des Freiwilligendienstes, liegt eine Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes nicht vor und die Eltern müssen keinen weiteren Unterhalt zahlen.

 

Besteht dennoch ein zusätzlicher Restbedarf, wenn die Leistungen des Trägers des Dienstes unter Anrechnung des Kindergeldes nicht den gesamten Bedarf abdecken, gilt bei volljährigen Kindern die Quotenunterhaltsverpflichtung beider Eltern, sie haften also anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen.

 

Wird vom Träger des Sozialdienstes eine Position an weitergehendem Bedarf nicht gedeckt, muss das Kind darlegen, welcher weiterer Bedarf ungedeckt ist und dieser ist nur zu berücksichtigen, wenn die Eltern diese Bedarfsposition schon zuvor finanziert haben.

 

Die Vergütung im Freiwilligendienst ist voll auf den Bedarf anzurechnen. Es werden auch keine Beträge für Lehrmittel hiervon abgezogen, wie dies bei einer konkreten Ausbildung der Fall ist, da im Freiwilligendienst keine Lehrmittel benötigt werden.  

 

Werden jedoch Fahrtkosten erstattet, sind diese nicht auf den allgemeinen Bedarf anrechenbar.

 

Anrechenbar auf den Bedarf des Kindes ist auch das gezahlte Kindergeld, welches bis zum 25. Lebensjahr bezahlt wird.